Es geht um Autonomie

betr.: „Wenn der liebe Gott in Bio erscheint“, taz vom 6. 7. 07, LeserInzuschriften dazu, taz vom 9. 7. 07

Reflektiert man die wütenden, giftigen, gnädigenfalls noch ironischen und spöttischen Beiträge in den Leserzuschriften wie in den redaktionellen Beiträgen dieser Zeitung, dann setzt sich der Eindruck fest, Kreationist reime sich auf Terrorist, Nazi, Psychopath, oder Schwachsinn … Nun entsprechen aber die Kreationisten, die ich kenne, keinesfalls diesem Bild.

Allerdings: Genau die Reaktionen, die ihnen entgegenkommen, verstärken die Überzeugung, dass es hier gar nicht um eine wissenschaftliche Theorie von bescheidenem praktischem Nutzen geht, sondern um viel mehr. Und in der Tat: Seit Galileis „Und sie bewegt sich doch!“ zu Beginn der Aufklärungsepoche geht es doch im Kern um eine Deutungshoheit vor allem auch in moralischen und ethischen Fragen. Es geht um die Autonomie gegenüber religiös diktierten Einschränkungen und Normen, auch pseudoreligiösen Denkbarrieren. Und deswegen war die Diskussion um die Evolutionstheorie, die ja von reichlich geringem praktischem Nutzen und philosophisch ein Produkt der alten Griechen ist, auch nie objektiv und fair.

Die Evolutionstheorie ist quasi die Unabhängigkeitserklärung der Wissenschaft, mithin höchst politisch – und wer glaubt schon an Wahrheit in der Politik? Deswegen wird die Evolutionstheorie trotz massiver Widersprüche zu den Funden der Paläontologen wie auch zu den anerkannten Axiomen der Wissenschaft auf Biegen und Brechen verteidigt. Ja, man presst alle wissenschaftlichen Funde in das einzige erlaubte Deutungsschema, ignoriert, was partout nicht passen will, investiert Milliarden, um nicht nur auf fernen Sternen die kleinsten Hinweise auf primitivstes Leben zu finden – Beweise für die Evolutionstheorie. BERNHARD KONRAD, Dettighofen