: Österreich verständigt sich auf Mindestlohn
Ab 2009 will der Alpenstaat eine Grundsicherung und Lohnuntergrenzen für alle Branchen einführen
WIEN taz ■ 1.000 Euro Mindestlohn sollen in Österreich für Vollzeitarbeit gezahlt werden. Darauf einigten sich die Vertreter der Sozialpartner vom Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Das Vorhaben soll bis 2009 schrittweise durchgesetzt werden.
Damit hat die sonst eher glücklos agierende SPÖ zumindest ein in die Regierungserklärung eingebrachtes Vorhaben durchgesetzt. Allerdings nicht, wie vorgesehen, per Generalkollektivvertrag. Löhne und Gehälter werden in Österreich regelmäßig zwischen den Teilorganisationen des Gewerkschaftsbundes und Arbeitgebern für die verschiedenen Branchen ausgehandelt. Nur in wenigen Berufen werden heute weniger als 1.000 Euro brutto bezahlt. Betroffen sind laut Leitl und Hundstorfer rund 30.000 Arbeitnehmer und vor allem Arbeitnehmerinnen in 32 Branchen, die derzeit zum Teil deutlich weniger nach Hause bringen: Friseurinnen, Angestellte in Bäckereien und anderen Betrieben. Zwangsverordnungen soll es nur für die Branchen geben, die die Löhne bis 2009 nicht angepasst haben.
Nicht erfasst von der Einigung sind die freien Berufe, wie Ärzte, Rechtsanwälte oder Notare, die durch eigene kollektivvertragsfähige Kammern vertreten werden. In den Praxen und Kanzleien wird das Personal teilweise mit äußerst bescheidenen Gehältern abgespeist. Auch die wachsende Gruppe der freien Dienstnehmer ist nicht erfasst. Für diese Gruppen sollen noch Verhandlungen stattfinden. Wer unter 14.000 Euro im Jahr verdient, zahlt keine Einkommensteuer. Für Sozialversicherung sind aber etwa 180 Euro monatlich abzuführen. So bleibt ein immer noch bescheidener Nettostundenlohn von 5,68 Euro.
Die Wirtschaft steht durch die von der Regierung beschlossene bedarfsorientierte Grundsicherung unter Druck. Ab 2009 sollen mittel- und erwerbslose Menschen mit monatlich 726 Euro existenziell abgesichert werden. In Deutschland hatte sich die Koalition statt auf einen Mindestlohn darauf geeinigt, das Entsendegesetz jenseits der Bauarbeiter und Gebäudereiniger auf andere Branchen zu erweitern, um Lohndumping zu vermeiden. RALF LEONHARD