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Archiv-Artikel

„Neger“ gegen Freiburger Polizei

Nigerianer zeigt Polizisten an: Sie hätten ihren Hund mit den Worten „Friss den Neger“ auf ihn gehetzt. Auch Beschuldigte erstatten Anzeige: versuchte Körperverletzung

WEITERE VORWÜRFE

Die Badische Zeitung listete vergangene Woche sieben Vorfälle seit 2005 auf. Zwei Beispiele:

31. Juli 2006: Bei einem linksalternativen Festival versammelten sich rund 300 Menschen zu einer nicht genehmigten Demonstration. Die Polizei kesselte alle – auch unbeteiligte Passanten – ein. 359 Teilnehmer wurden kontrolliert, 27 in Gewahrsam genommen. Eine Sitzblockade wurde aufgelöst.

15. Januar 2007: 15 Mitglieder der autonomen Szene versuchten frühmorgens, ein abbruchreifes Haus zu besetzen. Vier Protestler wurden festgenommen, einer verletzt – laut Polizei prallte er gegen eine Baggerschaufel, nach eigenen Angaben traten ihn zwei Beamte dreimal mit den Füßen in Magen, Rippen und Schulterbereich. KK

FREIBURG taz ■ In Freiburg erhebt derzeit ein aus Nigeria stammender Mann schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Eine Polizeibeamtin soll einen Hund auf ihn gehetzt und dabei „Friss den Neger“ gerufen haben. Die Polizei weist den Vorwurf zurück: Keiner der inzwischen 20 vernommenen Zeugen habe eine derartige Aussage gehört.

Die Tat soll sich bereits in der Osternacht ereignet haben. Bislang jedoch hüllte sich die Polizei in Schweigen. Zu einem laufenden Verfahren äußere sie sich generell nicht, hieß es als Begründung. Erst nach massivem Druck aus der Öffentlichkeit ging der Chef der Polizeidirektion jetzt in die Offensive. Zu Detailfragen wollte er sich bei einer Pressekonferenz am Freitag aber dennoch nicht äußern.

Wie es zu dem Vorfall kommen konnte, ist allen Beteiligten bis heute schleierhaft. Er habe eigentlich nur helfen wollen, erzählt der Nigerianer. Noch sehr genau erinnert sich der 43-Jährige an jene Nacht, ungläubig und wütend schildert er die Vorkommnisse. Er habe sich in einem Jugendzentrum aufgehalten, bei einer Trauerfeier. Plötzlich sei eine ihm nicht bekannte Frau zur Tür hereingekommen. Sie habe geweint und von einer Schießerei in einer benachbarten Kneipe berichtet. „Ich habe sofort die Polizei alarmiert“, sagt der Nigerianer. Gemeinsam mit der Frau sei er auf die Straße gegangen, um dort auf die Beamten zu warten.

Doch in der Gaststätte soll es gar keine Schießerei gegeben haben. Als die Polizisten wenige Minuten später eintrafen, fanden sie nur die weinende Frau und den Nigerianer vor. Er habe kurz mit den Polizisten geredet, berichtet der Nigerianer. Dann habe er zu seinem achtjährigen Sohn gehen wollen. Dieser hatte das Jugendzentrum inzwischen ebenfalls verlassen und stand auf der anderen Straßenseite – just an der Stelle, an der einen Tag zuvor ein Mädchen von einem Lastwagen totgefahren worden war.

„Ich war ganz auf meinen Sohn konzentriert“, gibt der Nigerianer zu Protokoll. Doch die Polizisten hätten ihn nicht gehen lassen wollen. Stattdessen hätten sie ihn auf den Boden geworfen. Zwei bis drei Beamte hätten ihn gesichert – und schließlich den Hund von der Leine gelassen. Zwölfmal habe dieser zugebissen.

Die Verletzungen wurden in der Freiburger Uniklinik behandelt. Auch dort sei ihm Fremdenfeindlichkeit entgegengeschlagen, berichtet der Nigerianer. Ein Arzt habe ihn angeherrscht, er solle ruhig sein – „und wenn es dir nicht passt, dann geh doch zurück in dein Land“. Der beschuldigte Arzt weist die Vorwürfe entschieden zurück. Zwar habe sich die Behandlung des Patienten nicht ganz einfach gestaltet, da dieser sehr aufgebracht gewesen sei, heißt es in einer Stellungnahme des Freiburger Uniklinikums. Ausländerfeindliche Äußerungen habe es aber nicht gegeben.

Kurz nach der Tat hatten sich Freiburger Politiker in die Vorfälle eingeschaltet und eine Stellungnahme gefordert. Diese kam jedoch erst jetzt, Ende vergangener Woche – nachdem sich die Kritik verschärft hatte. Die Polizei steht in der Universitätsstadt derzeit allgemein unter Beschuss, da es andere (wenn auch nicht fremdenfeindliche) Einsätze gab, die Kritiker als nicht verhältnismäßig bezeichnen. Die Badische Zeitung veröffentliche kürzlich eine Auflistung solcher Vorfälle (siehe Kasten).

Der Nigerianer hat inzwischen wegen Gewaltmissbrauch und Diskriminierung Anzeige erstattet. „Die Polizisten wollten mir die Schuld an dem Vorfall geben und waren genervt, dass ein Schwarzer die Polizei gerufen hat“, davon ist er überzeugt. Dabei habe er nur Zivilcourage zeigen wollen. Inzwischen sitzt der 43-Jährige sogar selbst auf der Anklagebank: Die Polizisten haben ihn wegen versuchter Körperverletzung angezeigt, da er sich gewehrt haben soll, als die Polizei seine Personalien überprüfen wollte. BEATE BEULE