Kredite billig, Guthaben teuer

GELDPOLITIK Die EZB bleibt bei ihrem Kurs. Der Leitzins für Kredite verharrt bei 0,05 Prozent, der Strafzins für Guthaben bei 0,2 Prozent. Im Januar soll die Entscheidung fallen, ob man Staatsanleihen aufkauft

BERLIN rtr/dpa/taz | Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf ihrer Ratssitzung am Donnerstag keine neuen Beschlüsse gefasst. Der Leitzins bleibt unverändert bei 0,05 Prozent, den die Banken zahlen müssen, wenn sie bei der EZB Geld ausleihen. Damit sind Kredite billiger als Guthaben: Es ist weiterhin ein Strafzins von 0,2 Prozent zu zahlen, wenn Banken überschüssiges Geld bei der EZB parken wollen.

Mit dieser unkonventionellen Zinspolitik sollen die Banken animiert werden, verstärkt Kredite zu vergeben – und die Wirtschaft anzukurbeln. Allerdings hatte die EZB bisher wenig Erfolg mit ihrer Geldpolitik: Die Inflationsrate der Eurozone lag im November bei nur noch 0,3 Prozent.

Es droht eine Deflation. Fallende Preise sind jedoch gefährlich, weil Konsumenten ihre Anschaffungen verschieben und die Umsätze der Firmen sinken. Die Investitionen stocken, und die Wirtschaft lahmt. Um diesen Effekt zu vermeiden, peilt die EZB eine leichte Inflationsrate von 2 Prozent an. Doch davon ist die Notenbank weit entfernt.

EZB-Chef Mario Draghi hat daher am Donnerstag durchblicken lassen, dass bei der Ratssitzung im Januar neue geldpolitische Entscheidungen fallen könnten, falls die Deflation weiter anhält. „Dies würde bedeuten, Anfang nächsten Jahres Größe, Tempo und Zusammensetzung unserer Maßnahmen zu verändern.“ Übersetzt meinte Draghi damit: Es könnte auch das Tabu fallen, Staatsanleihen aufzukaufen.

Andere Notenbanken wie die amerikanische Fed oder die Bank of England kaufen routinemäßig Staatsanleihen auf, wenn die heimische Wirtschaft in die Krise gleitet. Doch bei der EZB ist europarechtlich umstritten, ob sie in großem Umfang Staatsanleihen erwerben darf. Bundesbank-Chef Jens Weidmann lässt kein Interview aus, um auf mögliche „rechtliche Probleme“ hinzuweisen, falls die EZB Anleihen aufkauft und eine „quantitative Lockerung“ betreibt. Aber Alternativen sind nicht in Sicht. Die EZB kauft bereits Pfandbriefe und strukturierte Wertpapiere auf – doch von diesen Papieren gibt es nicht genug. Draghi will 1 Billion Euro in die Banken pumpen, und dieses Volumen ist nur zu erreichen, wenn er auch auf Staatsanleihen zurückgreift.

Da die EZB grundlegende Entscheidungen vertagt hat, blieb es an den Finanzmärkten ruhig. Der deutsche Aktienindex DAX sprang kurz über die Marke von 10.000 Punkten, sackte aber wieder ab. Der Euro gab ganz leicht nach und lag bei 1,23 Dollar. UH