: Nonnen hoffen auf Dalai Lama
In Hamburg wird das Oberhaupt des tibetischen Buddhismus zur Frauenfrage sprechen. Denn noch sind die Nonnen nicht gleichberechtigt
VON GERNOT KNÖDLER
Wenn der Dalai Lama morgen nach Hamburg kommt, ist das nicht nur ein Staatsbesuch und ein Versuch, die Botschaft des Buddha Shakyamuni zu verbreiten. Für die Nonnen in der Tradition des tibetischen Buddhismus verbindet sich damit auch die Hoffnung auf Gleichberechtigung mit den Mönchen. Mit einem Kongress im Vorfeld des Dalai-Lama-Besuchs versuchen sie den Forschungsstand zu dem Thema darzustellen. Am Freitag wird das Oberhaupt des tibetischen Buddhismus eine Rede halten, die zur Gleichstellung der Nonnen führen könnte. Anschließend lehrt er eine Woche lang im Tennisstadion am Rothenbaum.
Frauen können in der tibetischen buddhistischen Tradition nicht voll als Geistliche ordiniert werden. Selbst wenn sie erfolgreich die buddhistische Lehre studieren, können sie nicht die entsprechenden akademischen und geistlichen Grade erwerben, wie die englische Nonne Tenzin Palmo gestern in der Hamburger Universität berichtete. Den Nonnen sei es verboten, das Ordensrecht zu studieren, was wiederum Voraussetzung dafür sei, die offiziellen Prüfungen abzulegen und einen hohen Rang zu erreichen. Das macht es den Nonnen schwer, Unterstützung aus der Gesellschaft zu erhalten und Einfluss in der Gemeinschaft der Buddha Nachfolgenden (Sangha) auszuüben.
Wie die deutsche Nonne Jampa Tsedroen – mit bürgerlichem Namen Carola Roloff – erzählte, befasst sich der Dalai Lama schon sein 25 Jahren mit diesem Problem. Weil die tibetischen Frauen sehr stark in ihre männerdominierte Kultur eingebunden seien, habe er die westlichen Nonnen gebeten, ein Komitee zu gründen, das die volle Ordination für die Nonnen voranbringen sollte. Deutschland als nicht buddhistisches Land habe sich für den jetzigen Kongress als „neutraler Boden“ angeboten. Die Konferenz werde zusammen mit dem Afrika-Asien-Institut der Universität Hamburg veranstaltet, weil dieses schon so lange in herausragender Weise den Buddhismus erforsche und seine Aktivitäten ausweiten wolle.
„Ich hoffe, dass der Dalai Lama am Freitag sagt: Jetzt können die Frauen die volle Ordination erhalten – und hoffentlich auch, wie das gehen soll“, sagt Tsedroen. Denn die volle Ordination einzuführen, ist auf beinahe scholastische Weise verzwickt: Nur ein Gremium aus mehreren voll ordinierten Mönchen und Nonnen kann die Ordination erteilen. Weil es keine voll ordinierten tibetischen Nonnen gibt, könnte eine Lösung darin bestehen, dass vertretungsweise Nonnen anderer Traditionslinien den Akt vollziehen. Das wiederum wirft die Frage auf, welcher Traditionslinie die neu Ordinierten angehören würden.
Sie sei selbst in Sri Lanka ordiniert worden, sagt die Nonne Dhammananda. „Ich hätte nicht gedacht, dass das zu meinen Lebzeiten passieren wird.“ Sie wird am Donnerstag auf dem Kongress sprechen.
Der Dalai Lama wird sich am Donnerstagnachmittag um 15.30 Uhr ins Goldene Buch der Stadt Hamburg eintragen. Am Freitagvormittag wird er die so hoffnungsvoll erwartete Rede halten. Direkt vorher wird die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen über „die religiöse Kompetenz von Frauen“ reden. Jepsen wurde als erste Protestantin zu Bischöfin gewählt.
Das Hauptprogramm des Besuchs, zu dem mehrere Zehntausend Menschen erwartet werden, spielt sich im Tennisstadion am Rothenbaum ab. Am Wochenende wird der Dalai Lama in einem kurz getakteten Programm mit verschiedenen Leuten darüber sprechen, wie Hass und Aggression überwunden werden können. Zu seinen Gesprächspartnern gehört die Chefin der Hamburger Diakonie, Annegrete Stoltenberg, der Initiator des Welt-Zukunftsrates, Jakob von Uexküll und die Sängerin der Band „Wir sind Helden“, Judith Holofernes.
Von Montag bis Freitag wird der Dalai Lama die „400 Verse“ des indischen Meisters Aryadeva erläutern. Darin geht es um „Übungen auf dem Weg zur Erleuchtung“.