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Archiv-Artikel

Mehr Straße, weniger Jobs, keine Fähren

FEHMARNBELT Bau eines Tunnels gefährdet Hunderte Arbeitsplätze. Fährlinie Kiel-Göteborg droht die Einstellung. Rendite frühestens nach 39 Jahren

Der Bau einer festen Querung des Fehmarnbelt gefährdet Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein. Das räumt erstmals die Landesregierung in Kiel in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Andreas Tietze (Grüne) ein. Es handele sich um bis zu 6.000 Arbeitsplätze, deren Zukunft unsicher ist, rechnet Tietze aus den Einzelangaben des Wirtschaftsministeriums zusammen.

„Am ehesten dürfte die Stena-Line potenziell betroffen sein“, heißt es in der Antwort, gegenwärtig seien jedoch noch „keine seriösen Prognosen“ über die Fährverbindung zwischen Kiel und Göteborg möglich. Nach Angaben von Tietze habe die Reederei Stena aber bereits vor Kieler Kommunalpolitikern durchblicken lassen, nach der für 2020 geplanten Fertigstellung eines Tunnels unter dem Fehmarnbelt die Einstellung ihrer Fährlinie „zu prüfen“. Davon wären mehrere hundert Jobs in Kiel und auch in Göteborg betroffen.

Der Lübecker Hafen rechne mit zehn Prozent Einbußen beim Güterumschlag, so die Landesregierung. Wie viele der fast 2.000 dortigen Arbeitsplätze davon betroffen wären, sei noch offen. Das gelte auch für die etwa 1.100 Beschäftigten der Reederei Scandlines, deren Fähren zwischen Puttgarden und Rødby über den Fehmarnbelt pendeln. Scandlines habe aber noch nicht entschieden, „ob und in welcher Frequenz das Fährgeschäft weitergeführt wird“.

Aber nur ohne die schwimmende Konkurrenz wären die Bedarfsprognosen für den Tunnel halbwegs belastbar. Im Jahr der Eröffnung sei von 8.000 mautpflichtigen Fahrzeugen auszugehen, fünf Jahre später von 10.800, schreibt die Kieler Regierung. Zurzeit befördern die Fähren jährlich etwa 5.500 Fahrzeuge. Selbst nach Aufgabe der Fährverbindung wären die Zuwächse mithin recht optimistisch geschätzt. Daraus ergebe sich, dass die Kredite für den Bau des mindestens 5,5 Milliarden Euro teuren Projekts frühestens nach 39 Jahren zurückgezahlt seien – für renditefixierte Investoren wäre das keine verlockende Perspektive. SVEN-MICHAEL VEIT