„Das Original sprechen lassen“

INSZENIERUNG Zur Wiedereröffnung der Kunsthalle erwecken Schauspieler sechs Werke zum Leben

■ 43, ist Ensemblemitglied der Bremer Shakespeare Company und hat die Promotion-Aufführung der Kunsthalle mit inszeniert.

taz: Herr Meyer, wie spielt man ein Gemälde?

Michael Meyer: Mit den Figuren von sechs Bildern treten wir in einen Dialog. Wir beginnen aus der Position des Porträts, nehmen den Gestus der Gesichtsausdrücke auf und versuchen, ihn zu verinnerlichen. Daraus improvisieren wir Szenen.

Nach welchen Kriterien haben sie die Werke ausgewählt?

Zur Wiedereröffnung der Kunsthalle am 20. August sollen die Werke einen Eindruck vermitteln über deren Bandbreite. Das älteste Bild unserer Inszenierung stammt aus dem 17. Jahrhundert, das Ölgemälde „Apostel Paulus“ von Jan Lievens. Dann spielen wir „Sylvette“ von Pablo Picasso und das jüngste ist die Videoinstallation „Dream of Beuty 3.1“ von Kirsten Geisler von 2003.

Ist ein barockes oder ein kubistisches Gemälde leichter darzustellen?

Egal ob es die naturalistische Darstellung des „Apostel Paulus“ ist, die eher beschönigt, oder die „Sylvette“, Picassos eher stilistisches Mädchen mit dem Zopf: Hinter den Portraits stehen letztendlich immer reale Personen. Wir sind entsprechend geschminkt, aber haben keine eigene Sprache für die verschiedenen Epochen gesucht. In unseren Texten spricht das Modell, wir lassen das Original aus dem Bild sprechen.

Ab Oktober gibt es eine Ausstellung zu Edvard Munch. Von ihm spielen Sie nichts?

Nein, wir haben Kunstwerke gewählt, die während des Umbaus der Kunsthalle in anderen Museen hingen. Auf ihrer Reise zurück nach Bremen stellen wir sie nun auf einigen Markplätzen aus.

Aber „Der Schrei“ hätte sich doch angeboten!

Stimmt. Interview: JPB

11 Uhr, Marktplatz