: Kein schöner Planet für Affen
PRIMATENVERSUCHE Der Bremer Neurobiologe Andreas Kreiter hat eine Verlängerung seiner Affen-Experimente beantragt. Die Behörde schweigt dazu, Tierschützer und Studenten wollen, dass die Makaken-Forschung aufhört
Seit 1998 werden an der Uni Bremen Hirnversuche an Affen durchgeführt. Dabei sitzen Makake-Affen in Plexiglaskästen und müssen am Computerbildschirm Aufgaben lösen.
■ Festgeschraubt wird der Kopf an einem in den Schädelknochen einzementierten Haltebolzen.
■ Messelektroden, die ins Hirn und in ein Auge gelegt werden, registrieren Hirnströme und Augenbewegungen.
■ Flüssigkeit gibt man den Affen nur dann tropfenweise, wenn sie ihre Aufgaben richtig lösen – um sie zur Mitarbeit zu bewegen.
■ Den Ausstieg aus den Affen-Experimenten bis 2008 hatte der Bremer Senat 2007 beschlossen, und die Gesundheitsbehörde lehnte den Antrag zur Fortsetzung der Versuche im Oktober 2008 ab.
■ Vorläufig erlaubte im Mai 2010 das Verwaltungsgericht nach einer Klage der Uni die Fortsetzung der Versuche bis November 2011. Eine gerichtliche Entscheidung, ob die Versuche überhaupt zulässig sind, steht noch aus.
VON ILKA KREUTZTRÄGER
Der Neurobiologe Andreas Kreiter will die umstrittenen Affenversuche an der Universität Bremen weiterführen. Trotz eines noch anhängigen Berufungsverfahrens, das über die Zulässigkeit dieser Primatenversuche entscheiden soll, hat der Bremer Hirnforscher einen Antrag auf Verlängerung seiner Ende November auslaufenden Versuchsgenehmigung gestellt. Kreiter will für weitere drei Jahre etwa 20 Makaken für die Hirnforschung einsetzen.
Aus dem zuständigen Bremer Bildungsressort kommt dazu nur so viel: Ja, es gebe einen neuen Antrag von Andreas Kreiter auf Verlängerung der Tierversuchsgenehmigung, aber wir nehmen dazu keine Stellung. Und nein: Ein Termin für die Berufungsverhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht stehe noch nicht fest und so lange werde man auch nichts dazu sagen.
Kreiter führt die Affenversuche seit 1989 an der Bremer Uni durch und misst dabei die Aktivitäten einzelner Hirnzellen, während die Tiere vor einem Bildschirm sitzen und auf einen Knopf drücken, sobald sie ein gelerntes Muster wiedererkennen.
2007 hatte sich die Bremische Bürgerschaft einstimmig gegen diese Tierversuche ausgesprochen und die Gesundheitsbehörde lehnte damals einen Antrag Kreiters auf Fortführung der Experimente ab. Die Versuche würden für die Tiere „erhebliche Leiden“ bedeuten, so die Begründung. Ein bislang einmaliger Vorgang, denn vorher hatte sich kein Bundesland getraut, eine zehn Jahre lang laufende Versuchsreihe zu stoppen. Die Uni klagte und aufgrund einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts 2008 darf Kreiter derzeit weiter an den Affen experimentieren.
„Wir erwarten, dass dem Antrag die Zustimmung verweigert wird“, sagt Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes und Vorsitzender des Bremer Tierschutzvereins. In Bremen hätten sich etwa 100.000 Menschen gegen die Versuche ausgesprochen und es dürfe keinen Freibrief für diese Forschung geben. „Auch Wissenschaftler müssen sich an ethische Prinzipien halten und können nicht den verfassungsmäßig verbrieften Tierschutz weiter in Frage stellen.“ Kreiters Ankündigung, seine Forschung weg von der reinen Grundlagenforschung hin zur Anwendungsorientierung zu orientieren, also beispielsweise der Entwicklung von Prothesen, die über Signale aus dem Gehirn steuerbar sind, mache die Sache nicht besser. „Denn die Motive ändern aus dem Blickwinkel der Affen nichts an ihrem Leid“, sagt Ulrike Gross vom Deutschen Tierschutzbund. Auch an der Uni Bremen regt sich Protest. „Eine Verlängerung dieser grausamen und unethischen Affenversuche ist nicht hinnehmbar“, sagt Asta-Vorsitzender Stefan Weger. „Dazu kommt, dass die Forschung unheimlich schlecht vernetzt ist, sodass unnötig vielen Tieren für dieselben Ergebnisse Leid zugefügt wird.“ Für die Studierenden sei die weitere Etablierung von Tierversuchen inakzeptabel, denn diese Kultur des Tiermissbrauchs wirke sich auch auf die Lehre aus. So müssen Studierende aus den naturwissenschaftlichen Studiengängen es sich zum Teil erkämpfen, ihr Studium ohne Tiersektionen oder -versuche durchführen zu können.
„Wir wissen, dass es sowohl unter den Studierenden unserer Uni als auch in der Bevölkerung Kritiker an diesen Tierversuchen gibt“, sagt Eberhard Scholz, Pressesprecher der Uni Bremen. Aber es gebe auf der anderen Seite eben auch die Freiheit der Forschung im Rahmen der gesetzlichen Auflagen. Und die Forschung von Andreas Kreiter bewege sich nun einmal in einem Spannungsfeld zwischen dem Tierschutz und den positiven Erkenntnissen der Hirnforschung an Affen für die Therapie von beispielsweise gelähmten Menschen. „Wenn wir alle immer wüssten, was richtig und was falsch ist, dann wäre es leicht“, sagt Scholz. Kreiter selbst war am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.