ERIC BONSE ÜBER DAS EU-INVESTITIONSPAKET : Junckers Wundertüte
Es ist eine wundersame Geldvermehrung, die derzeit in Brüssel stattfindet. Während die EU-Staaten zum Sparen gezwungen werden, hat die EU-Kommission eine Wundertüte mit Investitionsvorhaben aufgemacht. Sagenhafte 1,3 Billionen Euro sind die Projekte wert, die die 28 EU-Staaten aufgelistet haben.
Doch die Wunschliste ist kaum das Papier wert, auf das sie gedruckt wurde. Wenn überhaupt, taugt sie nur als Beweis dafür, wie groß die Investitionslücke in Europa tatsächlich ist. Seit dem Beginn der Finanz- und Eurokrise kommen da leicht Billionenbeträge zusammen. Aber Quantität bedeutet noch nicht Qualität.
Was die Qualität angeht, so lässt der Juncker-Plan nämlich zu wünschen übrig. Viele der eingebrachten Projekte sind uralte Hüte, die neu verpackt wurden. Andere sind so vage, dass sie kaum den Namen Projekt verdienen. Und dann sind da noch die Atomträume, die sich Briten und Polen gerne mit Junckers Hilfe finanzieren lassen würden.
Jetzt rächt es sich, dass der Luxemburger seine Investitionsoffensive übereilt vom Zaun gebrochen hat. Statt die EU-Staaten in die Pflicht zu nehmen, hat er mit Zahlentricks die Illusion eines Milliardenprogramms erweckt. Und statt politische, soziale und ökologische Ziele vorzugeben, hat er beliebige Ideen gesammelt.
Der Juncker-Plan ist deshalb noch nicht zum Scheitern verurteilt. Noch können die EU-Staaten die leeren Kassen mit eigenen Mitteln füllen und so zum Erfolg der Initiative beitragen. Noch kann die Projektliste vervollständigt und verbessert werden. Allerdings spricht nicht viel dafür. Ihre teils abstrusen Wünsche haben die EU-Staaten angemeldet; Geld geboten hat hingegen noch keiner. Wenn dies bis zum EU-Gipfel Ende nächster Woche so bleibt, ist noch eine gute Idee in Europa gescheitert.
Wirtschaft + Umwelt SEITE 8