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Archiv-Artikel

Asiatisches Grün für die lebenswerte Stadt

KLIMAWANDEL Wissenschaftler proben die Anpassungsfähigkeit exotischer Bäume

Viele heute noch verbreitete Bäume hätten dagegen keine Zukunft

Statt Kastanie oder Platane könnten demnächst Milchorangen- und Taschentuchbaum oder Kobushi-Magnolie Berlins Straßen zieren. In einer Baumschule in Kleinziethen (Dahme-Spreewald) testen Wissenschaftler rund 80 exotische Bäume auf ihre Wetterfestigkeit, weil hierzulande verbreitete Arten zunehmend geschwächt sind. Schädlinge, Abgase, Streusalz und Trockenheit machen ihnen zu schaffen.

In Reih und Glied stehen hunderte junge Bäume seit Frühjahr 2010 auf einem Versuchsfeld an der B 96. Sie kommen vor allem aus Japan, China, Amerika und Südeuropa. „Wir haben Arten ausgewählt, die aus sommerheißen und trockenen Regionen stammen, möglichst anspruchslos und winterhart sind“, erklärt Matthias Zander von der landwirtschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin.

Je 15 Bäume einer Art sind vertreten. „Fünf werden optimal mit Wasser versorgt. Fünf weitere bekommen weniger Wasser, und die restlichen fünf Bäume werden akutem Trockenstress ausgesetzt“, sagt der Projektleiter. Mit der sehr sparsamen Wasserversorgung der dritten Gruppe sollen lange Trockenperioden simuliert werden, wie sie die Wissenschaftler künftig häufiger erwarten.

Der Deutsche Wetterdienst prognostiziert, dass Deutschland sich bis zum Jahr 2100 um weitere 2 bis 4 Grad erwärmt. Die Sommer sollen trockener und die Winter feuchter werden. In Städten werden die Bedingungen durch Wärmestaus und versiegelte Flächen für Bäume voraussichtlich erschwert.

„Das Bild mit Straßenbäumen sieht in 20 Jahren wahrscheinlich exotischer aus, als wir es heute kennen“, meint Zander. Seine Zöglinge bieten einen ersten Eindruck davon: Die Blätter der aus Nordamerika stammenden Kupfer-Felsenbirne färben sich im Herbst leuchtend gelb bis orangerot. Der in China heimische Taschentuchbaum wirkt in der Blütezeit, als sei er mit vielen weißen Tüchern behangen, und die Blätter des japanischen Kuchenbaums riechen bei feuchtem Wetter nach frischem Gebäck.

Der Taschentuchbaum habe starke Spätfrostschäden gezeigt, erzählt Zander. Besonders widerstandsfähig hätten sich die japanische Kobushi-Magnolie und die spanische Eiche gezeigt. Aber die Bäume seien noch sehr jung. Erste Prognosen, welche Arten in Zukunft für dauerhaftes Grün sorgen könnten, wollen die Forscher in etwa drei Jahren geben, mit gesicherten Ergebnissen rechnen sie in zehn Jahren.

Viele heute noch verbreitete Bäume hätten dagegen keine Zukunft. Die Kastanie kämpfe seit Langem mit der Miniermotte. Straßenverkehr belaste den Baum zusätzlich. „Die Platane erkrankt seit Jahren zunehmend an der Pilzkrankheit Massaria, die Äste einfach absterben und abbrechen lässt“, erklärt der Experte. Auch die Esche leide an einer Pilzkrankheit, die oft ganze Kronenteile absterben lasse.

Daran, dass die Exoten die heimische Flora und Fauna aus dem Gleichgewicht bringen könnten, glaubt Zander nicht: „Die Bäume, die hier wirklich heimisch sind, kann man an einer Hand abzählen.“ Die gern als typisch heimisch bezeichnete Kastanie komme zum Beispiel vom Balkan. Voraussichtlich werden die Exoten nur in Städten gepflanzt werden, denn nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind ab 2020 in der freien Landschaft nur noch gebietsheimische Gehölze erlaubt. (dpa)