Elbmarsch: Krebsfälle werden neu untersucht

Das Forschungszentrum GKSS neben dem AKW Krümmel öffnet erstmals seine Archive für wissenschaftliche Prüfung. Vattenfall räumt eine Vertrauenskrise ein, macht aber 1,8 Milliarden Euro Gewinn allein im ersten Halbjahr 2007

Das Forschungszentrum GKSS (Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schifffahrt) bei Geesthacht erlaubt den niedersächsischen Grünen Einblicke in ihr Archiv. Zur Klärung der rätselhaften Leukämie-Fälle in der Elbmarsch hatten diese beantragt, die Entsorgung radioaktiven Materials aus der Atomforschung überprüfen zu dürfen. Der atompolitische Sprecher der grünen Fraktion im Landtag, Andreas Meihsies, begrüßte gestern die Kooperationsbereitschaft der GKSS.

Von 1990 bis 2006 sind in der Umgebung des Atomkraftwerks Krümmel und des Forschungsreaktors der GKSS südöstlich von Hamburg 16 Blutkrebs-Erkrankungen bei Kindern unter 15 Jahren gemeldet worden. Auch in der niedersächsischen Samtgemeinde Elbmarsch (Kreis Harburg) waren Fälle aufgetreten. Der Raum Geesthacht weist damit eine der weltweit größten Häufungen auf.

Wissenschaftler wollen klären, ob es einen Zusammenhang zwischen den Leukämie-Erkrankungen und den nahe gelegenen Atomanlagen gibt. Die Bürgerinitiative gegen Leukämie in der Elbmarsch hält einen vertuschten Atomunfall für die Ursache.

Nach den Reaktor-Pannen in Norddeutschland hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall gestern in Stockholm eine Vertrauenskrise eingeräumt. Die Informationspolitik gegenüber der Bevölkerung sei nach den Kurzschlüssen und dem Trafo-Brand in den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel unzureichend gewesen, sagte Lars G. Josefsson, Vorstandschef des Vattenfall-Konzerns und Aufsichtsratsvorsitzender der deutschen Tochtergesellschaften in Berlin und Hamburg. Brunsbüttel ist derzeit wegen einer Pannenserie abgeschaltet und bleibt wohl mindestens weitere zwei Wochen vom Netz. Krümmel wurde auf unbestimmte Zeit abgeschaltet. Für das erste Halbjahr 2007 hat die Vattenfall-Gruppe gestern ein leicht rückläufiges Ergebnis erreicht.

Der Betriebsgewinn ging von Januar bis Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zehn Prozent auf immer noch 1,8 Milliarden Euro zurück. Auch in den deutschen Gesellschaften war das Ergebnis leicht rückläufig. Trotzdem steuern sie mit satten 950 Millionen Euro Gewinn den Löwenanteil am Konzernergebnis bei.

Die Abschaltungen hätten auf die Halbjahresbilanz nur geringe Auswirkung gehabt, teilte das Unternehmen mit. Vattenfall beschäftigt in Skandinavien, Polen und Deutschland rund 32.400 Menschen. SVEN-MICHAEL VEIT