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Archiv-Artikel

Es ist vorbei mit Occupy

HONGKONG Polizei räumt das zentrale Protestcamp vor dem Regierungssitz und nimmt einige Blockierer fest. Aktivisten sehen sich nicht am Ende

„Wir haben nicht gesiegt, aber gescheitert sind wir auch nicht“

ALEX CHOW, STUDENTENFÜHRER

VON FELIX LEE

PEKING taz | Am Treppengeländer vor dem Regierungsgebäude hängt noch ein Banner „Wir kommen zurück“. Daneben ist ein gelber Regenschirm, das Symbol der Hongkonger Demokratiebewegung. Ansonsten ist am Donnerstagabend auf dem Tamar-Platz nicht mehr viel von dem Protestlager übrig, das zweieinhalb Monate lang zentrale Anlaufstelle für die zeitweise über 100.000 Aktivisten war. Nach mehr als zwölfstündigem Einsatz hat die Polizei den Platz komplett geräumt. Reinigungskräfte kehren den Müll auf. Die Straßen sollen schnell wieder dem Verkehr übergeben werden.

Den ganzen Donnerstag über hatten sich mehrere hundert Demonstranten in der Mitte der Kreuzung niedergelassen, um sich friedlich der gerichtlich angeordneten Räumung zu widersetzen. Viele waren bereits am Vorabend gekommen, um ihrer Forderung nach wirklich freien und direkten Wahlen ab 2017 erneut Nachdruck zu verleihen.

Hongkongs Regierungschef Leung Chun-Ying und die Pekinger Zentralführung waren bis zuletzt nicht bereit, auf die Forderungen einzugehen. Die Anwendung von Gewalt schlossen die Demonstranten aus. Sie wollten lediglich mit Sitzblockaden zivilen Ungehorsam leisten, erklärten sie. Die Polizei betonte ihrerseits, sie sei um eine friedliche Räumung bemüht.

Pünktlich um neun Uhr morgens verlas ein Gerichtsvollzieher den Räumungsbeschluss. Begleitet von einem Polizei-Großaufgebot begannen Arbeiter der Stadtreinigung die Blockadegitter aufzutrennen und Zelte einzusammeln. Stück für Stück arbeiteten sie sich vor. Doch dauerte es stundenlang, bis die Polizei am späten Nachmittag zur Mitte des Protestcamps vorgerückt war, wo die meisten Demonstranten sich zur Sitzblockade niedergelassen hatten, darunter prominente Oppositionspolitiker und Intellektuelle wie Emily Lau, Albert Chan und Martin Lee, der Gründer der Demokratischen Partei. Dazugesetzt hatten sich auch die Popsängerin Denise Ho und Jimmy Lai, Eigentümer des regierungskritischen Boulevardblatts Apple Daily. Nachdem die Polizei auch sie mehrfach vergeblich aufgefordert hatte, den Platz zu verlassen, wurden sie festgenommen.

Der 18-jährige Protestführer Joshua Wong sagte, die Demonstranten hätten weder gewonnen noch verloren. Die Proteste würden weitergehen. Alex Chow von der Hongkonger Studentenvereinigung kündigte eine zweite große Blockadewelle für das nächste Halbjahr an. „Ich würde nicht behaupten, dass wir heute mit Freude den Platz verlassen und einen Sieg errungen haben“, sagte Chow. „Aber gescheitert sind wir auch nicht.“

Der US-Politologe Michael DeGolyer, Leiter des Transitionsprojekts der Hongkonger Baptisten-Universität, rät von weiteren Blockaden ab. Eine Mehrheit der Hongkonger würde zwar weiter die Forderung der Demonstranten nach mehr Demokratie in der früheren Kronkolonie unterstützen. Aber dass die Aktivisten ihre Blockaden auch auf die Geschäftsviertel Mong Kok und Causeway Bay ausgeweitet und damit vor allem den dortigen Gewerbetreibenden Schaden zugefügt hatten, würden viele Bürger den Aktivisten übel nehmen. Es sei daher richtig, dass die Blockaden nun ein Ende finden.

Zugleich rät er auch Hongkongs Führung zum raschen Handeln. Er kritisiert vor allem das enge Beziehungsgeflecht zwischen Regierung und Tycoonen, den mächtigen Geschäftsmagnaten der Stadt. Dieses enge Band gefährde die soziale Stabilität. Auch deshalb hätten die Studenten protestiert. Die Regierung sollte darauf eingehen, fordert DeGolyer, sonst drohe eine gefährliche Radikalisierung.

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