Zwei Kontinente auf einem Platz

Die Fußballer von Tennis Borussia treffen am Sonntag auf einen ungewöhnlichen Gegner: Sie empfangen die Nationalmannschaft von Sansibar

„Zur Saisoneröffnung versuchen wir traditionell, unseren Fans einen besonderen Gegner zu präsentieren“, sagt Hagen Liebing, Pressesprecher von Oberligist Tennis Borussia Berlin. Gesucht werde alljährlich eine Mannschaft, die fernab der Berliner S-Bahn-Linien zu Hause sei.

Das Auswahlteam der Insel Sansibar, das am Sonntag um 16 Uhr bei Tennis Borussia im Mommsenstadion antritt, wird diesem Anforderungsprofil durchaus gerecht. Die Koralleninsel Sansibar, die zu Tansania gehört, liegt vor der ostafrikanischen Küste im Indischen Ozean.

Um das afrikanische Team musste sich der Berliner Oberligist nicht einmal selbst bemühen. Letztes Jahr fragte Alisan Saltik, Trainer und Manager von Sansibar, bei Tennis Borussia an, ob der Verein für ein Freundschaftsspiel zur Verfügung stünde. „Ihm gefiel unser Image“, berichtet Liebing. „Wir stehen für Toleranz und Gewaltfreiheit.“ Nun ist es nicht so, dass sich das bis Sansibar herumgesprochen hätte. Saltik kommt aus Berlin und ist hier als Filmemacher tätig. Nebenberuflich engagiert er sich für den Fußball auf Sansibar. Saltik hat früher einmal in der ersten türkischen Liga gespielt. Bei Dreharbeiten, im Jahre 2004, erzählt er, habe er sich in die Insel verliebt. Seitdem engagiert er sich für das Bestreben der Sansibarer, von der Fifa, dem internationalen Fußballverband, anerkannt zu werden.

Sansibar verfügt über einen Autonomiestatus, lediglich außenpolitische Entscheidungen werden von der Regierung in Tansania getroffen. Obwohl Tansania seine erforderliche Zustimmung zur Fifa-Mitgliedschaft von Sansibar erteilt hat, lehnt der Weltverband dieses Ansinnen nach wie vor ab.

Nun werben Saltik und die Inselkicker derzeit auf ihrer dreiwöchigen Deutschlandtour dafür, von der internationalen Fußballgemeinschaft aufgenommen zu werden. Tennis Borussia Berlin unterstützt mit der Begegnung am Sonntag dieses Vorhaben. Sprecher Liebing versichert, man habe die Botschaft von Tansania bei dieser Entscheidung mit einbezogen. Der Botschafter hätte keine Einwände gehabt und sein Kommen angekündigt.

Zudem werden unter dem Motto „Einen Tag Afrika erleben“ die Organisationen amnesty international und Gemeinsam für Afrika die Veranstaltung begleiten. Sie wollen die Besucher für die sozialpolitischen Probleme des Kontinents sensibilisieren. Der Schwullesbische Landesverband Berlin wiederum möchte mit einem Stand auf die homophobe sansibarische Gesetzgebung aufmerksam machen. Homosexuelle Handlungen können dort mit 25 Jahren Gefängnishaft bestraft werden.

Ein bunter Sonntagnachmittag steht im Mommsenstadion bevor. Zumal ja Tennis Borussia auch noch seinen neuen Kader für die kommende Oberligasaison vorstellt. Dieser wird mit dem Gegner Sansibar einer ernsthaften Prüfung unterzogen. Liebing attestiert den Afrikanern „Regionalliganiveau“.

Bei Tennis Borussia sieht man dem Ereignis froh entgegen. Seit Mitte dieser Woche kann nichts mehr die Stimmung der Vereinsverantwortlichen trüben. Denn seitdem ist klar, dass eine Schweizer Investorengruppe mit 1,5 Millionen Euro beim Club einsteigen wird. Damit ist Tennis Borussia für die nächsten drei Jahre abgesichert. „Das ist mehr als Weihnachten und Geburtstag zusammen“, so Liebing.

Ihm fehlen die Worte. Wie das möglich wurde? Ursprünglich hatte Mario Weinkauf das Geld für den Ligakonkurrenten BFC Dynamo akquiriert. Doch dort verlor er vor kurzem sein Präsidentenamt wegen einer internen Machtfehde. Nun bot sich Weinkauf mit dem Sponsor bei Tennis Borussia an – so wie damals Alisan Saltik Sansibar als Gegner anbot. Der Verein musste nur Ja sagen. JOHANNES KOPP