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Archiv-Artikel

Abschied vom Kartoffelsack-Image

Naturtextilien galten lange als gesund, aber langweilig. Das könnte sich jetzt ändern: Immer mehr Ökoanbieter versuchen die Nachfrage nach eleganten Schnitten zu befriedigen. Und selbst große Ketten entdecken inzwischen die Vorteile der Biomode

Ökodesignerin Lanius: „Bei uns steht die Optik im Vordergrund“

VON PAULA SCHEIDT

Zerknitterte Leinenhosen und erdfarbener Schichtenlook – das sind die gängigen Vorurteile beim Thema „Ökoklamotten“. Aber sie stimmen nur noch teilweise. Farbige Stoffe und elegante Schnitte verdrängen immer stärker die herkömmliche Naturkleidung. „Wenn unsere Designer ihre Kleider auf den Laufstegen von Mailand oder Paris zeigen würden, käme niemand auf die Idee, dass es sich um ökologisch produzierte Ware handelt“, sagt Nicole Behrisch, Sprecherin der internationalen Naturtextilmesse Innatex, die gestern im hessischen Wallau zu Ende ging. Über 200 Aussteller aus 20 Ländern erlebten einen neuen Besucherrekord: Die Diskussion um Klimawandel, Allergien und den Umgang mit Ressourcen habe das Interesse an ökologischer Kleidung gerade in den letzten Monaten verstärkt, heißt es bei Innatex.

Denn künstliche Materialien und chemisch behandelte Baumwolle können nach Ansicht von Umweltverbänden der Gesundheit schaden: Einige Chemikalien lösen Allergien aus. Bei anderen sind die Auswirkungen unklar, weil sie nicht kontrolliert getestet werden. Erst gestern warnte die Zeitschrift Öko-Test vor gefährlichen Chemiecocktails in Kinder-T-Shirts. Von 33 getesteten Shirts enthielten 13 größere Mengen der sogenannten Weichmacher, die die Fortpflanzungsfähigkeit von Jungen beeinträchtigen können. Auch die Umwelt leidet darunter, dass konventionelle Baumwollpflanzen stark mit Pestiziden behandelt und häufig künstlich bewässert werden.

Für Modedesignerin Claudia Lanius, die auf der Innatex ausstellt, steht dennoch die Optik im Vordergrund. „Frauen kaufen bei uns ein, weil ihnen die Kleider gefallen. Dass sie damit die ökologische Produktion unterstützen, ist für meine Kundinnen ein angenehmer Nebeneffekt“, sagt Lanius.

Verschiedene unabhängige Gütesiegel sollen den Kunden dabei helfen, Produkte zu finden, die umweltverträglich hergestellt wurden. Das bekannteste Label heißt „Öko-Tex 100“ und wird seit 1992 vom deutschen Forschungszentrum Hohensteiner Institut vergeben. Weitere Zertifizierungen sind „kontrolliert biologischer Anbau“, abgekürzt „kbA“ und das Label „IVN“ vom internationalen Verband der Naturwirtschaft (IVN). Es weist außer auf ökologische Herstellung auf die Einhaltung sozialer Standards hin.

Dass bei den Ökoklamotten ein neuer Markt zu entdecken ist, haben inzwischen auch große Modeketten erkannt: Anfang August wird H&M zum zweiten Mal eine Produktlinie in seine Geschäfte hängen, die ausschließlich aus ökologisch angebauter Baumwolle hergestellt wird. „Die erste Kollektion ist bei den Kunden auf so großes Interesse gestoßen, dass wir den Anteil der Kleidungsstücke aus reiner Biobaumwolle erhöhen wollen“, sagt eine H&M-Sprecherin. Bei Innatex beurteilt man das Engagement großer Ketten kritisch: „Sie haben den Trend zu ökologischer Herstellung erkannt, aber den größten Teil produzieren sie immer noch ohne Rücksicht auf die Umwelt.“