LESERINNENBRIEFE
:

Pflichtprogramm für Inländer

■ betr.: „Mathe für Ausländer“, taz vom 12. 12. 14

Gratuliere, wieder einmal ein wunderbarer Beitrag von Deniz Yücel. Ich resümiere: Statt „Deutsch für Ausländer“ wäre es sehr viel sinnvoller und vor allem notwendiger, den Kurs „Integrationswilligkeit für Inländer“ ins behördlich verordnete Pflichtprogramm aufzunehmen. Das gilt vermutlich sogar für den einen oder anderen selbst ernannten Diskriminierungsgegner.

EWALD BECK, Bad Homburg

„Politikersprech“

■ betr.: „Vernunft hilft nicht gegen Patrioten“ von Klaus Hillenbrand, taz vom 16. 12. 14

Er wiederholt sich doch immer wieder, der „Politikersprech“, vor allem aus den Kreisen der christlichen Parteien, dass „redliche Bürger … durchaus aus redlichen Erwägungen auf die Straße gehen“, und sich dagegen auszusprechen, „die Demonstranten pauschal als rechtsextrem einzustufen“. Wenn Politiker solche Aussagen machen, kann das als Rechtfertigung für die durchgängig rechte Einstellung dieser „Bewegung“ angesehen werden, denn das sind ja redliche Patrioten. Dabei wird vernachlässigt, das Patriotismus eine sehr verschwimmende Grenze zu fremdenfeindlichem übersteigertem Nationalismus hat. Keiner dieser Politiker stellt sich der notwendigen Frage, wieso es – unabhängig von der massiven Einflussnahme der wirklich rechtsextremen Szene – dazu kommt, das „redliche“ Bürger diesen rechten Parolen folgen. Ist es nicht so, dass seit Jahren, fast schon Jahrzehnten, die „christlichen Parteien“ die Angst vor Überfremdung schüren, wenn es um Wahlen geht; dass das Boot voll ist, dass Sozialschmarotzer nach Deutschland kommen, die Asylanten die Kriminalität erhöhen. Wen wundert es, wenn der mehr oder weniger abgehängte Teil der Bürger glaubt, dass den Flüchtlingen und Asylbewerbern Leistungen zugestanden werden, die sie nicht bekommen, wenn dies immer wieder von Politikern so dargestellt und über bestimmte Zeitungen auf deren Titelseiten verbreitet wird? Und dagegen ist mit Reden oder logischen Argumenten kein Kraut gewachsen, wie ich es persönlich in den unterschiedlichsten Situationen erfahren habe, wenn es um den Versuch einer Richtigstellung dieser durchaus verbreiteten Einstellung ging. Es bedarf einer anderen Politik gerade dieser Parteien, mit einer deutlichen Abgrenzung von dieser „Bewegung“.

Dabei muss auch eine Frage erlaubt und gestellt werden: Haben sich die christlichen Parteien jemals so deutlich von ihrer Vergangenheit distanziert, was die Mitwirkung von ehemaligen Nazigrößen in Partei- und Regierungsämtern anging, wie sie das bei jeder Gelegenheit von anderen Parteien fordern? Ist eine deutliche Abgrenzung gegen rechts deshalb nicht möglich und die rechte Einstellung in Deutschland nach wie vor so verbreitet?

Erst die Furcht vor der Kritik aus dem Ausland bringt dann Frau Merkel beim Besuch des bulgarischen Präsidenten dazu festzustellen, dass kein Platz für Verleumdung und Hetze gegen Menschen aus anderen Ländern vorhanden ist. Hat sie vorher, eventuell auf dem CDU-Parteitag, gegen Pegida Stellung bezogen?

ALBERT WAGNER, Bochum

Ängste umgelenkt

■ betr.: „Vernunft hilft nicht gegen Patrioten“, taz vom 16. 12. 14

Dem Autor ist zuzustimmen zu seiner Diagnose: „Beide (,Dresdner Wutbürger‘ / ,antisemitisch geprägte Bewegungen in der Weimarer Politik‘) projizieren ihre offenbaren Ängste“, nachzulesen zum Beispiel bei Horst-Eberhard Richter „Umgang mit Angst“. Politik – und Medien – haben es (wieder einmal) geschafft, bestehende Ängste (vor Abstieg, Arbeitslosigkeit …) auf einen äußeren Feind um- und von eigenen Fehlern abzulenken. TIM KARSTEN, Berlin

Reden ist notwendig

■ betr.: „Vernunft hilft nicht gegen Patrioten“, taz vom 16. 12. 14

Mit Pegida zu reden, ist wie mit Putin zu reden: anstrengend, kompliziert und höchstens millimeterweise zielführend. Dennoch ist es im Interesse des gesellschaftlichen Friedens notwendig. Im Unterschied zu Putin steht Pegida erst am Anfang, einen (inneren) Krieg anzufangen. Diesen Schritt hat Putin Pegida voraus. Daher muss mit Pegida vorbeugend Klartext geredet werden, ohne dass diese sich weiter gedemütigt fühlen, so schwer es auch fällt. Dabei muss Pegida klargemacht werden, was diese mit ihrem Verhalten im Inneren und mit dem Ansehen Deutschlands im Ausland anrichtet. In diesem Sinne mit Pegida umzugehen ist wahrer Patriotismus, um den es allerdings erst in zweiter Linie geht. Davor steht die Menschlichkeit gegenüber Flüchtlingen und der Zusammenhang unserer Gesellschaft, der durch das weitere Auseinanderdriften von Arm und Reich bedroht ist. BERND INSELMANN, Brandenburg

Lösung jenseits von Waffen

■ betr.: „Polit-Esoteriker aller Länder, vereinigt euch!“, taz vom 15. 12. 14

Der Kommentar von Stefan Reinecke fasst das derzeitige Dilemma der Friedensbewegung auf das Beste zusammen. Der Aufbau von Feindbildern ist bellizistisch! „Ich will verstehen“ war Hannah Arendts Maxime. In diesem Sinne sollte die Bewegung militärkritisch sein und zivile Lösungen suchen. Es gibt sie nämlich, jenseits der Waffen! USCHI SCHMIDT-LENHARD, Saarbrücken