: „Wir hätten nicht reiten können“
Nach dem zweiten tödlichen Unfall innerhalb einer Woche wurde die Military-Meisterschaft in Schenefeld abgebrochen
Die deutsche Vielseitigkeits-Reiterei ist zum zweiten Mal innerhalb einer Woche durch einen tödlichen Unfall erschüttert worden: Die 32 Jahre alte Reiterin Tina Richter-Vietor aus Ganderkesee bei Bremen stürzte am Samstag in einer Rahmenprüfung der Deutschen Meisterschaft so schwer, dass auch ein sofort am Unglücksort eingetroffener Arzt nur noch den Tod feststellen konnte. Kollegen und Funktionäre waren darüber so bestürzt, dass zum ersten Mal in der Geschichte deutscher Vielseitigkeits-Championate die Meisterschaft abgebrochen wurde. Erst vor sieben Tagen war die 40-jährige Anke Wolf aus Böbs bei Bad Schwartau bei einem fast identischen Unfall in Harburg ums Leben gekommen.
Das Unglück passierte an einem der vermeintlich leichtesten Hindernisse der Parcours-Strecke. Das Pferd touchierte mit den Vorderbeinen das Hindernis, überschlug sich und katapultierte dabei Tina Richter-Vietor aus dem Sattel. Die Reiterin stürzte kopfüber und brach sich dabei offensichtlich das Genick. Tina Richter-Vietor, 2002 Europameisterin der Ländlichen Reiter, war vor zwei Wochen in Krusemark deutsche Mannschafts-Meisterin mit dem Landesverband Weser-Ems geworden.
Obwohl sich der tödliche Sturz nicht in der mit der Weltcup-Prüfung verbundenen Deutschen Meisterschaft ereignet hatte, waren alle Reiter so schockiert, dass sich die Organisatoren nach langer Diskussion mit den Teilnehmern entschlossen, die Deutsche Meisterschaft abzubrechen. Europameisterschaftskandidat Peter Thomsen aus Flensburg sprach aus, was alle dachten: „Wir hätten nicht reiten können.“
Bundestrainer Hans Melzer wollte sich auf eine Grundsatzdiskussion in Sachen Sicherheit erst gar nicht einlassen. „Wir haben in der Vergangenheit alles getan, um unseren Sport zu entschärfen, die Reiter sind besser ausgebildet denn je, und wir sind glücklicherweise in den letzten Jahren von schweren Unfällen solcher Art verschont geblieben. Dazu haben auch verschiedene Schutzmaßnahmen und eine geeignetere Ausrüstung viel beigetragen.“
Die Deutsche Meisterschaft sollte auch die letzte Sichtungsprüfung für die Military-EM Mitte September im italienischen Pratoni del Vivaro sein. Nun werden sich alle in Deutschland lebenden EM-Kandidaten Ende August in Bad Harzburg bei einem Zwei-Sterne-Turnier noch einer letzten Motivationsprüfung unterziehen und dabei zeigen müssen, ob sie fit sind. dpa