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Archiv-Artikel

Zehn bis 100 Jahre Haft

DIREN-PROZESS

Als Markus Kaarma die Eltern des Hamburger Austauschschülers Diren Dede um Verzeihung bat, trug er bereits die orangefarbene Tracht des Strafgefangenen. Der 30-jährige Hausbesitzer aus Montana wurde am Mittwoch der vorsätzlichen Tötung schuldig gesprochen und umgehend inhaftiert. Das Strafmaß wird der Richter im Februar festsetzen. Kaarma drohen zehn bis hundert Jahre Haft.

In einem der Aufsehen erregendsten Strafprozesse der Justizgeschichte Missoulas gelang es dem Angeklagten nicht, die Notwehrgesetze des Bundesstaates für sich in Anspruch zu nehmen. Die zwölf Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass er den 17-Jährigen ohne Not erschoss. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, Kaarma habe den unbewaffneten Teenager mit einem Schuss ins Gesicht regelrecht hingerichtet.

Das Urteil wurde mit Erleichterung aufgenommen. Direns Eltern, die den Prozess zweieinhalb Wochen lang verfolgten, sahen der Gerechtigkeit Genüge getan. Sie bedankten sich über den Rückhalt, der ihnen in Missoula entgegengebracht wurde. Kaarma, so fanden die meisten Bürger, ging zu weit, als er darauf lauerte, sich an einem der Kids zu rächen, die ihm zehn Tage vor den Todesschüssen sein Geld, sein Handy, seine Kreditkarten und seine Marihuana-Vorräte gestohlen hatten. Diren hatte mit diesem Einbruch nichts zu tun. Dass er oft dabei war, wenn seine Mitschüler auf der Suche nach offenen Garagen mit Biervorräten durch die Straßen fuhren, wurde ihm nicht als Straftat ausgelegt.

Es war das erste Mal seit 2009, dass ein Hausbesitzer verurteilt wurde, der sich auf die sogenannte Castle-Doktrin berief, seit diese in Montana nicht mehr erfordert, dass ein vermeintlicher Angreifer sich offenkundig aggressiv verhält. Der Schuldspruch stellt den Notwehrparagrafen jedoch nicht grundsätzlich in Frage. Im Gegenteil: Die Waffenlobby erklärte, der Fall Kaarma habe doch gerade unter Beweis gestellt, wie gut die Waffengesetze des Bundesstaates funktionierten.  HENRIETTE LÖWISCH