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Koalition beschwört eigene Mehrheit zur Euro-Rettung

REGIERUNG Kritiker knüpfen Bedingungen an Zustimmung. Merkel hofft auf Einsicht

BERLIN dapd/afp | Angesichts der anhaltenden Kritik an den Plänen zur Eurorettung aus den eigenen Reihen beschwört die schwarz-gelbe Koalition die eigene Mehrheit. „Ich bin zuversichtlich, die Fraktionen von Union und FDP von der Notwendigkeit unseres Gesetzgebungsvorhabens zu überzeugen, um gemeinsam die Stabilität des Euro zu stärken“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der Bild am Sonntag. Kritiker aus den Fraktionen machten zugleich am Wochenende ihre roten Linien noch einmal deutlich.

Bereits am Mittwoch will das Bundeskabinett die erweiterten Kompetenzen für den Eurorettungsschirm beschließen. Die Schlussabstimmung im Bundestag war ursprünglich für den 23. September geplant. Jetzt mehren sich aber die Stimmen, die aufgrund der umfassenden Materie eine Verschiebung auf den 29. September fordern.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle nannte Bedingungen für eine Zustimmung seiner Fraktion. „Europa braucht beim neuen Stabilitätspakt wirksame Sanktionen. Wenn Länder die Regeln nicht einhalten, müssen ihnen die zugeteilten EU-Mittel gekürzt werden“, sagte er dem Focus. Zugleich sprach er sich klar gegen die Einführung von Eurobonds aus, forderte die europaweite Einführung einer Schuldenbremse und plädierte dafür, Beschlüsse zum Eurorettungsschirm nur einstimmig zu fassen.

Auch die CSU zeigt in einem Positionspapier klare Grenzen auf. Die Partei lehne „eine Wirtschaftsregierung für die Eurostaaten sowie einen europäischen Finanzminister entschieden ab“, zitierte die ARD aus einem Positionspapier, das am Montag vom erweiterten Parteipräsidium diskutiert und beschlossen werden soll. Die CSU stelle sich damit gegen die Pläne von Merkel, die gemeinsam mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy eine europäische Wirtschaftsregierung angekündigt hatte. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte, dass künftige Entscheidungen der europäischen Finanzminister im Leitungsgremium des Eurorettungsschirms von einer parlamentarischen Beratung abhängig gemacht werden.

Märkte versus Parlament

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies im Tagesspiegel Berichte zurück, er wolle die Rechte des Parlaments beschränken. Es müsse jedoch eine vernünftige Balance gefunden werden zwischen der Ausgestaltung des Rettungsschirms und dem berechtigten Bedürfnis der Mitsprache des Bundestages, „so dass die Märkte keine Zweifel an der Handlungsfähigkeit Europas haben können“.

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