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Archiv-Artikel

Symbolische Wahlen für MigrantInnen gestartet

WAHL BerlinerInnen ohne deutschen Pass können in dieser Woche symbolisch wählen

Zum Freitagsgebet will der TBB die Wahlurne mit vor eine Moschee nehmen

Am Montag ist die symbolische Wahl für alle BerlinerInnen ohne deutschen Pass gestartet. Dabei haben etwa 460.000 Menschen, die zur regulären Abgeordnetenhauswahl im September nicht wahlberechtigt sind, die Möglichkeit, ihre Stimme für eine der zur Wahl stehenden Parteien abzugeben. Auch wenn das Ergebnis am Ende ein symbolisches bleibt, wollen die Vereine „Jede Stimme 2011“ und „Citizens For Europe“ so ein Zeichen für das Wahlrecht von MigrantInnen setzen. Auch Menschen mit deutschem Pass können das Projekt bei der Forderung nach Wahlrecht für alle unterstützen.

Der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg (TBB) ist einer der Vereine, die ihr Büro am Tempelhofer Ufer als Wahllokal zur Verfügung stellen. „Nur wenn Menschen die Gesellschaft mitgestalten dürfen, fühlen sie sich auch zugehörig“, erklärt Nalan Arkat, Vorstandsmitglied des TBB, bei der Eröffnung des Wahllokals am Montag. „Wenn wir ein paar hundert Menschen motivieren können, wäre das schon etwas.“ Am ersten Tag, sagt sie, hätten 10 bis 15 Leute gewählt. Dies sei ein guter Start: „Ich denke schon, dass die Menschen daran interessiert sind.“

Von außen ist am Haus des TBB am Montagnachmittag jedoch kein Hinweis auf die Wahl zu sehen. Erst im Büro fallen die Plakate mit der Aufschrift „Wahlrecht für alle!“ ins Auge. Hinter Stellwänden steht ein Tisch zur geheimen Wahl bereit. WählerInnen sind lange nicht zu sehen. „Die Menschen müssen direkt darauf angesprochen werden“, erklärt Arkat. Zum Freitagsgebet will der TBB die Wahlurne deshalb mit vor eine Moschee nehmen.

Und dann kommen doch noch zwei Wähler. Habet Ogbamichael ist zwar regulär wahlberechtigt, will sich aber als Migrantin mit den Nichtwahlberechtigten solidarisieren. Die 33-Jährige ist in Eritrea geboren und seit 1980 in Deutschland. Sie kreuzt auf einem Wahlschein an, dass sie ein Wahlrecht für alle, unabhängig vom Pass, fordert. „Ich finde es wichtig, dass alle Menschen, die in Deutschland leben, sich bei Wahlen beteiligen können“, sagt sie. Wenn der Pass bei einer Wahl den Ausschlag gebe, „kann man nicht mehr von Demokratie sprechen“, so Ogbamichael.

Auch Zülfükar Çetin hat der Forderung nach einem Wahlrecht für alle zugestimmt. „Ich selbst habe meinen deutschen Pass erst seit drei Monaten“, so Çetin, der seit neun Jahren in Deutschland lebt. Dass er vorher nicht abstimmen konnte, habe er als ungerecht empfunden.

Noch bis zum Sonntag haben alle BerlinerInnen ohne deutschen Pass die Möglichkeit, symbolisch wählen zu gehen. Die Lage der 75 Wahllokale findet sich auf der Website des Projekts unter www.jedestimme2011.de.

CHRISTIAN WYREMBEK