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Archiv-Artikel

Gaddafis Gräueltaten werden sichtbar

LIBYEN Gaddafi-Einheiten massakrierten Häftlinge in Tripolis, sagen Menschenrechtler nach der Besichtigung von Leichen. Rebellen fordern Fortsetzung des Nato-Einsatzes gegen „Reste des Regimes“

Von D.J.

TRIPOLIS rtr/afp/taz | Gaddafis Militär soll für brutale Hinrichtungen in der Schlussphase des Kampfes um Libyens Hauptstadt verantwortlich sein. Wie die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch am Montag nach einem Besuch in einer Lagerhalle mit 45 verkohlten Leichen im Süden von Tripolis mitteilte, deuten Graffiti an den Wänden auf eine Einheit der Khamis-Brigaden hin, eine Eliteeinheit unter Kommando eines gleichnamigen Sohnes des gestürzten Machthabers Gaddafi.

Die Morde in der zum Gefängnis umfunktionierten Lagerhalle ereigneten sich nach der von HRW wiedergegebenen Aussage eines Überlebendes am Abend des 23. August. „Vier Soldaten stiegen auf das Dach und einer öffnete die Tür. Sie schossen durch das Wellblechdach auf uns, der Typ an der Tür warf Granaten.“

Der Augenzeuge war nach eigenen Angaben drei Monate lang dort festgehalten worden. Am 26. August entdeckten Rebellen die mittlerweile abgebrannte Halle voller Leichen, nachdem sie eine benachbarte Militärbasis eingenommen hatten.

Ende letzter Woche hatte Amnesty International erklärt, während des Libyenkriegs seien in Gaddafis Machtbereich „tausende“ Menschen verschwunden. Nach eigenen Angaben haben die Rebellen in ganz Libyen knapp 11.000 Menschen aus Gaddafis Gefängnissen befreit. Doch die Haftanstalten hätten 57.000 bis 60.000 Insassen gehabt, von knapp 50.000 Inhaftierten fehle also jede Spur, erklärte der Rebellensprecher Ahmed Omar Bani am Sonntag in Bengasi.

Die Aufständischen riefen die Nato zur Fortsetzung ihres Einsatzes auf. Gaddafi stelle „noch immer eine Gefahr“ dar, sagte Rebellenpräsident Mustafa Abdel Dschalil. Sein Verteidigungsminister Dschalal al-Degheli sagte, die Aufständischen bräuchten weiter Hilfe bei der Beseitigung „der schlafenden Zellen und der Reste des Regimes“. D.J.

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