: BUCHTIPP
Abruzzen
Der Journalist Christoph Hennig lebt in Italien, er ist also gutes Essen gewohnt. Doch er begeistert sich immer noch über die Küche der einfachen Trattorias der Abruzzen. Nirgendwo in Europa stehen mehr Flächen unter Naturschutz als dort: Drei Nationalparks und zahllose kleinere Schutzgebiete umfassen mehr als ein Viertel der Region, die sich von der nördlichen Adria bis nach Rom zieht. Ein Wandergebiet, mit Bergen, die bis auf 3.000 Meter ansteigen. Abenteuergeist braucht man, die Wege sind nicht immer ausgeschildert. Aber das Lesewanderbuch „Wilde Wege – stille Dörfer“ von Christoph Hennig führt hervorragend durch diese Region.
Man folgt ihm auf einer Wanderung in fünfzehn Etappen von Nord nach Süd.
Wem das zu lang ist, dem empfiehlt sich der zweite Teil, ab Sulmona. Das Buch informiert umfangreich über Anreise, Kartenmaterial, Unterkünfte. Hennig schreibt ausgesprochen liebevoll über diese unbekannte Ecke Italiens. Er bevormundet den Leser nicht, aber seine Tipps klingen so einleuchtend, dass man etwa in der Locanda del Cervo in Paladini nichts anderes bestellen wird als das von ihm empfohlene „arrosto misto“.
Das Buch ist in Ich-Form geschrieben, so fühlt man sich geradezu vom Abruzzenkenner an die Hand genommen. Mal schwärmt Hennig von einer Etappe, sie sei „eine Gebirgswanderung wie aus dem Bilderbuch“, mal beschwert er sich, jene Tagestour führe einfach zu lange durch den Wald, „hübsch und romantisch“ sei das, „aber fünf Stunden unter Buchen …“ Die exakten Etappenbeschreibungen sind wegen des bescheidenen Kartenmaterials besonders hilfreich.
Richtig lesenswert ist das Buch aber wegen seiner Ausflüge gedanklicher Art: Wir lesen von d’Annunzio, dem Dichter-Dandy; vom höchsten Berg, der bereits im 16. Jahrhundert bestiegen wurde und von Ignazio Silone, einem weiteren Dichter aus den Abruzzen. Dank dieser Hintergrundinformationen wird der Band zu einem Lesebuch auch für den, der keine Wanderreise plante. Er wird diese sicher bald einplanen.
BARBARA SCHAEFER
Christoph Henning: „Wilde Wege – stille Dörfer. Wanderungen in den Abruzzen“. Rotpunktverlag Zürich 2007, 337 Seiten, 28 €