UNTERM STRICH

Lars von Trier glaubt, dass wir irgendwie alle Nazis sind. So ließ sich der dänische Regisseur („Breaking the Waves“, „Dogville“) am Samstag bei der Eröffnung seiner Retrospektive im Berliner Kino Babylon-Mitte vernehmen. Mit dieser neuen Provokation reagierte er auf seinen Rauswurf beim Filvestival in Cannes, das ihn im Mai nach umstrittenen Hitler-Äußerungen wie „Okay, ich bin ein Nazi“ zur persona non grata erklärt hatte. „Eine persona non grata gewesen zu sein, ist etwas, worauf ich stolz bin“, so von Trier. Schließlich werde die Palme von Cannes jedes Jahr verliehen, er aber sei als erster Festivalgast zur unerwünschten Person erklärt worden. In der Berliner Fragestunde durfte der Filmemacher jedoch keinerlei Repressalien erwarten. Die rund 1.000 Besucher im überfüllten Kinosaal zeigten sich ausnahmslos bewundernd. Ein Zuschauer, der nachfragte, ob sich von Trier in Deutschland für seine kontroversen Nazi-Äußerungen rechtfertigen müsse, wurde sogar ausgebuht. Dabei darf es laut von Trier gerade keine Tabus geben, über die nicht gesprochen werde. Und Provokationen seien immer gut, damit ließen sich Menschen zum Denken bringen. Die besten Filme seien diejenigen, von denen die Zuschauer verwirrt würden. Gegenwärtig arbeitet von Trier am Skript zu seinem neuen Film „Nymphomaniac“, der von der weiblichen Sexualität handeln soll. Bei seinen Recherchen sei er immer wieder erstaunt über die dreckigen weiblichen Gedanken, mit denen er in den vorbereitenden Gesprächen mit Frauen konfrontiert werde. Die Frage, wie pornografisch der Film wird, ließ der Regisseur vorerst offen. Zudem plant er einen sehr langen „Messi-Film“, vollgestopft mit sinnlosen Informationen.