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Archiv-Artikel

Michael Glos will Wirtschaft nicht weh tun

Der CSU-Minister lehnt Klima-Vorschriften für die Industrie ab. Dabei galten sie längst als ausgemacht

BERLIN taz ■ Von wegen abgemacht ist abgemacht: Die Bundesregierung will Autofahrer, Mieter und Unternehmer zu ökologischem Handeln verpflichten. Darauf hatte sich der Wirtschaftsstaatssekretär Joachim Wuermeling am Dienstag mit den Kollegen aus den anderen zuständigen Ministerien geeinigt. Doch nun will sein Chef, der CSU-Minister Michael Glos, den 30-Punkte-Klimaplan noch einmal entschärfen – er will die Industrie schonen.

Wer künftig eine Wohnung saniert, muss den Energieverbrauch drosseln. Und wer ein spritfressendes Auto kauft, soll mehr Steuern zahlen. So steht es in dem 55-seitigen „Integrierten Energie- und Klimaprogramm“, das der taz vorliegt. Oft bleibt es vage, viele Kapitel enden mit dem Hinweis: „Finanzierungsvorbehalt Bundesfinanzministerium“. Unter Punkt 6, „Einführung moderner Energiemanagementsysteme“, ist das allerdings anders. Da formulieren Staatssekretär Wuermeling und seine Kollegen einmal eine konkrete Vorschrift für die Industrie.

Hintergrund: Bislang bekommen stromintensive Branchen – Chemie-, Stahl- oder Papierproduzenten – Rabatte bei der Ökosteuer. Im Jahr summieren sich die Privilegien auf 2 Milliarden Euro. Plan der hohen Regierungsbeamten: „Spätestens ab 2013 sollen die Steuerermäßigungen an die Einführung von Energiemanagementsystemen geknüpft werden.“

Die Firmen sollen sich also Energieberater ins Haus holen, die Tipps geben, wie weniger verschwendet wird – durch optimierte Beleuchtung oder moderne Antriebe etwa. Derzeit, so schreiben die Staatssekretäre, machten sich „kleine und mittlere Unternehmen“ darüber nur selten Gedanken. Wer klimafreundliche Maßnahmen ergreife, spare aber oft Geld. Das sei „hochrentabel“. Glos überzeugt diese Argumentation nicht. Er fürchtet eine „Art Energieverbrauchspolizei“. Das teilte er der Öffentlichkeit am Freitag per Financial Times Deutschland mit. Das Umweltressort zeigte sich überrascht. „Wir haben das nur erfahren, weil Journalisten bei uns nachgefragt haben“, hieß es dort. Dem Ministerium habe Glos seine Einwände nicht mitgeteilt.

Das geht nun schon seit Wochen so. Immer wieder finden Attacken von dem CSU-Mann oder von seinem SPD-Kollegen Sigmar Gabriel über die Presse statt. Die Verhandlungen über neue Klima-Vorschriften könnten schwieriger kaum sein. Nach dem Treffen der Staatssekretäre am Dienstag sah es noch so aus, als sei der Streit fast ausgeräumt und nur bei zwei Punkten kein Kompromiss möglich: bei der Förderung der umweltfreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung und dem Wegfall von Steuerprivilegien für spritfressende Dienstwagen. Hat Glos sich mit seinem Staatssekretär nicht abgesprochen? Das Wirtschaftsministerium wollte dazu am Freitag nichts sagen.

Das Umweltministerium will bei der Ökosteuer nicht nachgeben: „Für uns ist das entschieden.“ Spätestens Donnerstag wird aber neu verhandelt. Das Bundeskabinett wird sich den Klimaplan auf seiner Klausur in Merseberg nahe Berlin vornehmen. HANNA GERSMANN