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Archiv-Artikel

Schiffsbrand mit tödlichem Ausgang

ADRIA Bei der Katastrophe auf der Fähre „Norman Atlantic“ sterben mindestens sieben Menschen. Alle anderen Passagiere können mit Hubschraubern evakuiert werden. Italienische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Herbeiführung eines Unglücks

Eine Inspektion der Fähre am 19. Dezember hatte mehrere Mängel festgestellt

AUS ROM MICHAEL BRAUN

Der am Sonntagmorgen auf der Fähre „Norman Atlantic“ in der Adria ausgebrochene Brand hat mindestens sieben Menschenleben gefordert. Derweil schlossen am Montagmittag, mehr als 24 Stunden nach dem Ausbruch des Feuers, die Rettungskräfte die Bergung der Passagiere unter schwierigsten Bedingungen ab.

Windböen von 60 bis 70 Stundenkilometern, bis zu vier Meter hohe Wellen, unter diesen Umständen bestand die einzige Möglichkeit, Passagiere und Besatzungsmitglieder von Bord der „Norman Atlantic“ zu holen, weiter im Einsatz von Hubschraubern. Alle hatten auf dem Oberdeck Schutz gesucht, der einzigen Zone, die nicht von dem Brand erreicht worden war.

„In 20 Jahren als Pilot habe ich nie etwas Ähnliches gesehen, berichtete Antonio Laneve, der einen der Rettungshubschrauber flog. „Das Schiff war von den Flammen eingehüllt, sie waren überall, außer auf jenem kleinen Abschnitt des Decks, auf dem die Schiffbrüchigen waren, dazu die Wellen und der aufsteigende Rauch.“

Die „Norman Atlantic“ war auf ihrer Fahrt vom griechischen Patras zum italienischen Hafen Ancona am Sonntagmorgen etwa um 4.30 Uhr aus bisher ungeklärter Ursache in Brand geraten, als sie sich etwa zwölf Seemeilen vor der albanischen Küste auf der Höhe der Stadt Vlore befand. An Bord waren 422 Passagiere und 56 Besatzungsmitglieder. Zudem hatte die Fähre 128 Lkws, 90 Pkws und zwei Busse geladen.

Etwa 150 Personen gelang es, in Rettungsboote zu steigen. Dann aber fiel der Strom aus, und offenbar versagten auch die Notaggregate. Jedenfalls erwies es sich als unmöglich, weitere Rettungsboote zu Wasser zu lassen. Zwar waren nach dem von der italienischen Küstenwache umgehend ausgelösten Alarm schnell zahlreiche Schiffe am Unglücksort, doch wegen der schweren See konnten sie sich der brennenden Fähre nicht nähern. Damit blieb die Evakuierung durch die Hubschrauber der einzige Fluchtweg. Allerdings musste der Einsatz in der Nacht für einige Stunden unterbrochen werden, als sich noch etwa 200 Menschen an Bord der „Norman Atlantic“ befanden.

Am Montag schritt die Bergungsaktion, bei der die Hubschrauber Passagier um Passagier mit einem Rettungskorb nach oben ziehen mussten, deutlich schneller voran, da sich mittlerweile das italienische Marinelandungsschiff „San Giorgio“ vor Ort befand, auf dem die Helikopter leichter landen konnten. Die der italienischen Reederei Visemar gehörende, zurzeit aber an die griechische Reederei Anek Lines vermietete Fähre war erst fünf Jahre alt. Dennoch hatte eine Sicherheitsinspektion erst am 19. Dezember bemängelt, dass die Brandschutztüren schlecht funktionierten, eine Notbeleuchtung fehle und die Evakuierungspläne unzureichend seien.

Sieben Personen bezahlten die Katastrophe mit dem Leben. Offenbar an Unterkühlung starb ein 62-jähriger Grieche, der mit seiner Frau versucht hatte, auf einer Notrutsche eines der Rettungsboote zu erreichen, sich aber in einer Plastikplane verhedderte und vier Stunden im Wasser trieb. Am Montagmittag sprach die griechische Küstenwache von vier weiteren aus dem Wasser geborgenen Leichen.

Italiens Regierungschef Matteo Renzi schloss jedoch weitere Opfer nicht aus, auch weil sich nach seinen Worten irreguläre Immigranten an Bord befunden haben könnten. Zugleich teilte er um 13 Uhr auf seiner Jahresend-Pressekonferenz mit, an Bord befänden sich nur noch Crewmitglieder, während alle Passagiere in Sicherheit gebracht worden seien. Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft im italienischen Bari Ermittlungen wegen fahrlässiger Herbeiführung eines Unglücks eingeleitet.