: Deutschlandtortour
Ronald Pofalla (CDU) bereist Deutschland
Früher war das noch durchaus üblich: Man zog durch die Lande, predigte Vielsagendes, äußerte sich zu freiwilliger Wehrpflicht oder Afghanistan und ließ sich anschließend heiligsprechen: Vom heiligen Brandan bis Bernard von Clairvaux hat diese Tradition viele Vorväter.
Und jetzt ist also auch Pofalla unter die Wanderprediger gegangen. Auf seiner zweiwöchigen Dialogtour durch Deutschland paukt er jedem, der’s hören will, das neue Grundsatzprogramm der CDU ein. Das soll im Dezember auf dem Parteitag in Hannover beschlossen werden und hört auf die Zweitnamen „christliches Menschenbild“.
Was denn jetzt ein „christliches Menschenbild“ sei, weiß man freilich nicht immer ganz genau. Vielleicht muss man sich in Zukunft den menschlichen Kopf als Allegorie auf das himmlische Jerusalem vorstellen und die acht Körperöffnungen daran als die Tore. Vielleicht ist es auch gleichgültig, was so ein „christliches Menschenbild“ eigentlich ist, solange es hilft, Antworten zu finden. Angela Merkel meinte vor ihrem Grönland-Trip, man müsse Antworten auf die Frage finden, was es heißt, im 21. Jahrhundert konservativ zu sein. Heraus kam der Glaube.
Grundsätzlicher wird die Grundsatzdiskussion zum Grundsatzprogramm auch nicht mehr werden. Stattdessen lässt Pofalla keine Gelegenheit verstreichen, sich zu jedem Tagesthema zu äußern. Mindestlohn (schlecht), wünschenswerte Koalitionspartner (FDP), Schießbefehl (menschenverachtend), Linkspartei (SED), Afghanistan-Einsatz (wichtig), Inlandseinsätze der Bundeswehr (richtig), Lehrstellen (notwendig), Datenschutz (schlecht, weil Täterschutz) – Pofalla hat nichts ausgelassen. Wäre man nett, man könnte sagen, dass er seine Sache als Urlaubsvertretung der CDU-Größen sehr fein macht. Oder er laboriert an einer Profilneurose. Man weiß es nicht. FV