: Senat holt Kirche ins Dorf
Die Karolinenstraße zwischen Gnadenkirche und dem Karoviertel wird in einen Platz verwandelt. Der Autoverkehr fließt künftig außen herum. Das Projekt ist ein Ergebnis des Mediationsverfahrens zur Messe-Erweiterung
Die Gnadenkirche zwischen Karoviertel und den Gerichten wird von ihrem Verkehrsinsel-Dasein erlöst. Wie der Senat mitteilte, wird das Straßensystem ab heute so umgebaut, dass nur noch ein paar Anlieger auf der Karolinenstraße zwischen der Kirche und dem Wohnquartier fahren dürfen. Der übrige Autoverkehr zwischen Verbindungsbahn und Feldstraße wird in Zukunft außen vorbei fließen. Das Karoviertel erhält einen neuen Platz.
Der Bau der Straßen und des Platzes wird insgesamt knapp fünf Millionen Euro kosten. Mit dem Platz wird erst im kommenden Jahr begonnen. Das Projekt gehört zu einem Paket von Plänen, die das Karolinen-Viertel für den Ausbau der Messe entschädigen sollen. Die Messe drängt mit mächtigen Gebäuden von Norden an das Wohngebiet heran. Mehr Ausstellungsfläche bedeutet für die Anwohner mehr Verkehr und mehr Besucher. Die Angst ging um, dass das quirlige Quartier von der Messe erdrückt werden könnte.
Um politisch kostspielige Bürgerproteste zu verhindern, bot der Senat den Anwohnern ein Mediationsverfahren an. Unter Leitung der Politologen Wolfgang Gessenharter und Peter Feindt wurden Ideen zur Entlastung des Karoviertels entwickelt: ein Fußweg samt Tunnel zum Sternschanzenpark und die Aufhebung der Verkehrsinsel unter dem Schlagwort „die Kirche ins Dorf holen“.
Wie sich zeigt, profitieren von beiden Projekten nicht nur die Anwohner. Der Fußgängertunnel unter der S-Bahn lässt die Gäste des Hotels im Sternschanzen-Wasserturm direkt zur Messe gelangen. Der neue Platz verbindet den südlichen Messeeingang mit der Stadt.
Damit der Verkehr auch in Zukunft fließen kann, werden die Straßen Vor dem Holstentor und Holstenglacis um eine Spur verbreitert und die Kreuzungen umgebaut. Der Platz zwischen Gnadenkirche und Karoviertel wird anthrazitfarben mit hellen Streifen gepflastert. Die Pflasterung setzt sich auf der anderen Straßenseite vor der Messe fort. Auf beiden Seiten wird es zur Vereinheitlichung kleine Springbrunnen ohne Einfassung geben, aus denen ab und zu Wasser aufschießt.
Die Gnadenkirche wird auf einer einen halben Meter hohen, kreisrunden Insel mit Rasenflächen sitzen. Zum Platz hin wird deren Rand von einer langen Bank gesäumt sein. Die Wirte der anliegenden Kneipen sollen Tische und Stühle auf den Platz stellen können. Vor den Häusern sollen „Baumgärten“ geschaffen werden: eingezäunte Beete in deren Mitte ein Baum steht. An den Gittern können Fahrräder angeschlossen werden. „So sparen wir uns eigene Fahrrad-Ständer“, sagt Anette Ehret vom Hamburger Landschaftsarchitekturbüro GHP.
Südwestlich der Kirche wird ein Stufenpodest gebaut, der so genannte Thron. „Obendrauf stehen drei Stühle, von denen aus man drei Blickachsen entlang sehen kann“, sagt Ehret, zur Messe, zum Heiligengeistfeld und zum Untersuchungsgefängnis.
GERNOT KNÖDLER