: Trügerische Unterstände
SPEKTAKEL Franziska C. Metzgers Installationen im Kunstverein Wolfsburg deuten an und enttäuschen, machen aus Beschützendem bloßen Schein. Mit pessimistischer Weltsicht aber hat das alles nichts zu tun
Man könnte sie als Multitalent bezeichnen: Franziska C. Metzger, 1980 in München geboren, ist Absolventin der Kunsthochschule Braunschweig und lebt mittlerweile in Berlin. In ihrer ersten Einzelausstellung, derzeit im Kunstverein Wolfsburg zu sehen, zieht Metzger alle Register einer geradezu unermüdlichen künstlerischen Arbeit: kulissenartige Installationen mit Licht und Klang, Videos, eigene Musik aus Computerprogrammen, selbst verfasste Texte. Und sie zeigt ein überdimensionales, dafür federleicht aktuelles Objekt: einen gigantischen roten Nothammer, wie er im ICE am Fenster hängt.
Diese Spektakellandschaft, obendrein mit alten Sofas und Sesseln gemütlich ausstaffiert, lohnt einen vertieften Blick: Metzger interessieren die grundsätzlichen Fragen der Behausung des Menschen, seine Heimat, sein Fremdsein.
Noch vor dem Eingang geht es los: Da steht ein hölzerner Aufsteller mit Ton und Licht, der in der Pause ihrer vierteiligen Videoarbeit gleich hinter dem Eingang aktiv wird. „Wie ein Tusch im Zirkus“, sagt Metzger selbst. In ihrer Videokomposition laufen mehrere Handlungsstränge parallel: eine Autofahrt inklusive Raststätten-, Zoo- und Waschstraßenbesuch sowie getragene Beziehungsszenen in einer Gartenlaube. Daneben eine Landschaft in Schwarz-Weiß, ein Mensch, der stumm allerlei Vorkommnisse auf Monitoren überwacht.
Perfekt isoliert, diese Handelnden – und auch im Einzelnen durchziehen Nonsens und Groteske das überzeichnete Geschehen, sorgen noch so tiefgründige Texte für keinen erkennbaren Sinn. Dennoch: Die vier Videos scheinen auf einer entfernteren Ebene miteinander zu kommunizieren.
Im Zentrum des Gesamtarrangements der Wolfsburger Ausstellung stehen Metzgers Behausungsobjekte – und auch sie bieten trügerische Idyllen: Der Caravan „In der Schonung“, ein aufgeschnittenes Lichtobjekt, böte in seiner Transparenz so wenig wirkliche Obhut wie die Handvoll magerer Bäumchen davor. Dagegen wirken zwei schlichte Holzhütten durchaus, als könnten sie schützen. Was die drinnen laufenden Videos gleich wieder zunichte machen.
In der einen rauscht als Endlosschleife ein Gewitter. In der anderen, der „Pfälzer Hütte“, wird eine fiktive, schroff-alpine Landschaft in ihrer Romantik entblößt. „Es wäre besser, sie in ihre Eigenstaatlichkeit zu entlassen“, erklärt dazu ein Kommentar – so dass man ihr im Zweifel den Krieg erklären könne.
Alles an Metzgers Arbeiten wirkt spielerisch leicht, experimentell und in seiner überdrehten Absurdität lebensfroh und frisch. Ebenso scheint ihre Verankerung im Ländlichen, scheint Vergangenes für die Künstlerin nur ein Ausgangspunkt zu sein für einen vagen Aufbruch in die Zukunft. Wie die beschaffen sei, lässt Franziska C. Metzger vorerst offen. BETTINA MARIA BROSOWSKY
Bis 6. November, Kunstverein Wolfsburg