Shakespeares Wandermärchen

UMZUGSSAISON Shakespeare Company verlässt den Leibniz-Platz: Dort entsteht nach 24 Jahren Provisorium endlich ein echtes Theater – und das Ensemble tobt anderthalb Spielzeiten über wechselnde Bühnen

Das vergangene Bühnenjahr war für die Company nicht nur künstlerisch die beste Spielzeit seit ewig und eins

Das Theater am Leibnizplatz gibt es nicht. Noch nicht. Streng genommen probt und spielt die Bremer Shakespeare Company (BSC) in der Hausmeisterwohnung und Schulaula am Leibnizplatz, was aber als Straßenbahnhaltestellenname echt blöd klingt. Und außerdem: Nach 24 Jahren Provisorium ist jetzt Schluss und die Verheißung der Tram-Ansage geht in Erfüllung. Das Theater am Leibnizplatz wird gebaut.

Zum Glück. Denn provisorienüblicher Technik-Wildwuchs hätte demnächst wohl die Brandschutz-Bedenken überhand nehmen lassen, oder erhöhte Flachdachsicherheitsstandards die Baupolizei zum Eingreifen gezwungen. Jetzt zieht die Company selbstbestimmt aus, für anderthalb Spielzeiten. Am 1. November beginnt der Abriss der schrottreifen Immobilie. „Wir freuen uns, dass es losgeht“, sagt der Schauspieler und Vorstand Peter Lüchinger.

Das neue Haus soll im Dezember 2012 bezugsfertig sein. Ab dann soll laut Geschäftsführerin Renate Heitmann auch die Zusammenarbeit mit der Gesamtschule am Leibnizplatz verstärkt werden, „analog zur Kooperation von Kammerphilharmonie und Gesamtschule Ost“. Jetzt, am 15. Oktober, ist erst mal großer Kehraus angesagt, mit theatralem Wunschkonzert, oder besser: einer Börse für den Handel mit garantiert performancestarken Lieblingsszenen-Aktien.

Die Erlöse davon sollen der BSC helfen, ihren Eigenanteil zu stemmen, aber auch sonst sucht sie dringend Sponsoren: Bauträger ist Immobilien Bremen, die Gesamtkosten des Neubaus sind auf 3,9 Millionen Euro taxiert. Davon hat die BSC den Fixbetrag von 250.000 Euro für Bühnentechnik zu zahlen. „Wir mussten das übernehmen“, so Lüchinger, „sonst wären die Planungen stecken geblieben.“ Eine Viertelmillion ist eine Menge Holz – auch wenn das vergangene Bühnenjahr für die Company nicht nur künstlerisch seit ewig und eins das beste war: Zu 281 Vorstellungen kamen 41.000 Zuschauer, 146 pro Aufführung. Der Aufwand stieg kaum, die Eigeneinnahmen erheblich – um 21 Prozent auf 750.000 Euro. Allerdings ist während des Umbaus ein solches Pensum unmöglich: Die Concordia, festes Ausweichquartier, fasst weniger Publikum. Und sie hat auch keine Nebenräume zum Lagern von Requisiten.

Das hat Folgen für den Spielplan: Es ist nur eine neue Shakespeare-Produktion möglich, „Ein Sommernachtstraum“, Premiere im März 2012. Und: Die BSC wandert durch die Stadt, erprobt Spielstätten in Hemelingen, Vegesack, Stuhr – und im Viertel: Im Lagerhaus spielen ab 9. November Tim D. Lee und Michael Meyer John von Düffels Zweipersonenstück „Shakespeare, Mörder, Pulp & Fiktion“. BES