: Länger Kohle für Kiel?
GENOSSEN-SUCHE
Was dem Berliner sein Flughafen und dem Hamburger seine Elbphilharmonie, ist dem Kieler sein Gaskraftwerk: ein Großprojekt, das seit Jahren geplant wird, dessen Eröffnung sich im Halbjahrestakt verschiebt und dabei auch nicht gerade billiger wird. So sollte die neue Energieversorgung für Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt eigentlich im Herbst 2016 anlaufen, wenn das heutige Steinkohlekraftwerk – aus dem Jahr 1970 – endgültig als „technisch abgängig“ gilt.
Inzwischen werden Oktober 2017 oder gar Frühjahr 2018 genannt. Neuestes Gerücht ist den Kieler Nachrichten zufolge, dass das existierende Steinkohlewerk bis 2025 weiterfeuern könnte. Hintergrund ist eine Entscheidung der Mannheimer Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft GmbH (MVV), der Mehrheitseignerin der Kieler Stadtwerke: Sie überraschte die Kieler Politik im Mai vergangenen Jahres mit der Nachricht, das neue Kraftwerk doch nicht mitbauen und ihren 51-Prozent-Anteil verkaufen zu wollen – am liebsten an die Stadt. Deren Oberhäupter sind aber zögerlich.
Die Kieler Bürgerinitiative „Umweltfreundliche Energieversorgung für die Region Kiel“ schlägt vor, eine Genossenschaft zu gründen, die hilft, den millionenschweren Rückkauf zu stemmen. Am Dienstag treffen sich die Mitglieder zur ersten Sitzung im neuen Jahr. Ab 19 Uhr sollen im Kultur- und Kommunikationszentrum „Pumpe“ Details besprochen werden. „Wir können das Geld sicher nicht allein aufbringen, aber wir wollen mit Ideen helfen“, sagt Ulrich Hühn, einer der Initiatoren. Ziel sei, möglichst viele Menschen aus der Stadt und dem Umland dafür zu gewinnen, Anteile zu zeichnen und so das Signal zu geben: Die Bürger wollen einen Rückkauf.
Mindestens fünf Personen seien zur Gründung erforderlich, prominente Mitstreiter erwünscht. Dabei wolle man auch grundsätzlich in Frage stellen, ob ein Großkraftwerk die richtige Antwort auf den Energiehunger der Stadt sei. Hühn verweist auf Alternativen wie Wärmepumpen, die Wohnviertel über Erdwärme beliefern können.
Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) und die Mehrheitsfraktionen im Kieler Stadtrat lehnen einen Rückkauf des gesamten Anteils ab, unter anderem weil ihnen knapp 200 Millionen geforderte Euro zu viel erscheinen. Im Gespräch ist, den städtischen Anteil von derzeit 49 Prozent um mindestens zwei Prozent aufzustocken – damit wäre die Stadt Kiel erstmals seit 2004 wieder Mehrheitseignerin ihrer Stadtwerke. EST