: Der Dicke leidet, das ist gut
Ferien auf Saltkrokan? Ehebruchsdrama? „Theo, Agnes, Bibi und die Anderen“ (20.15 Uhr, ARD) mit Dietmar Bär
Der Mensch ist bekanntlich ein Gewohnheitstier, selbst das Fremdgehen vollziehen viele Vertreter der Spezies mit sachlicher Routine. So wie der Trucker Theo (Dietmar Bär), der eine Braut mit Kind in Deutschland hat und eine in Schweden. Deshalb kurvt er die Øresund-Brücke von West nach Ost und wieder zurück, um mal bei der einen seine zärtlichen Sprüche abzulassen und mal bei der anderen.
Die beiden Welten hat er sich ziemlich identisch eingerichtet; hier wie dort gibt es die gleiche Hausmannskost und ähnliches Männerspielzeug. Die Frauen wechseln, die Kohlrouladen bleiben. Klar, eine so knapp abgezirkelte Vielweiberei kann nicht lange gut gehen. Irgendwann bekommt Agnes (Anna Loos) in Deutschland davon Wind, dass es da noch eine Bibi (Ingar Sigvardsdotter) in Schweden gibt. Doch diese Erkenntnis behält sie für sich, während sie Theo überredet, doch mal wieder Urlaub in Skandinavien zu machen. So steigt sie dann mit ihrem Mann in der Nähe der Nebenbuhlerin ab – und freundet sich mit ihr an. Theo kommt ins Schwitzen. Der potente Koloss, der Selbstzweifel mit Country-Musik wegzuspülen pflegt, macht bald eine jämmerliche Figur.
Der Dicke leidet, das ist gut so. Ansonsten aber taugt dieses sonnengeflutete Roadmovie, das mehr an „Ferien auf Saltkrokan“ erinnert denn an ein klassisches Ehebrecherdrama, zum Glück kaum zur moralischen Erbauung. Die Frauen, so zeigt sich nach und nach, haben es eventuell mit der Treue auch nicht so ganz streng genommen. Es gab wohl Gründe, dass sie nicht zu viele Fragen stellten.
Drehbuchautor Lothar Kurzawa und Regisseur Kaspar Heidelbach tun sich für „Theo, Agnes, Bibi und die Anderen“ nicht unbedingt mit psychologischer Präzision hervor; die Konturen ihrer Figuren sind etwa so scharf wie die von Menschen, die man im Gegenlicht anblinzelt. Gelegentlich scheinen die Macher auch beim Dreh unter heiterem Himmel eingedöst zu sein.
Aber diese Sommermilde darf im deutschen Fernsehfilm, wo man sonst nach zwei Minuten das Personal in gut und schlecht eingeteilt hat, mit viel gutem Willen ja durchaus als Qualität gewertet werden. Und Dietmar Bär, der hier mal Urlaub von der Rolle als „Tatort“-Kommissar macht, entwickelt als Lastwagenfahrer sowieso eine einnehmende, wenn auch nicht immer vorteilhafte Präsenz. Auf jeden Fall gibt er dem Bigamisten und Brummifahrer eine ziemlich lebensnahe Note: Man kann den Typ wirklich nett finden – und zugleich sein Handeln ziemlich erbärmlich. CHRISTIAN BUSS