: OFF-KINO
LARS PENNING
Die eleganteste Tänzerin des amerikanischen Musicals war zweifellos Cyd Charisse, die in der Musicalreihe im Arsenal in dieser Woche gleich zwei Mal zu bewundern ist: In Vincente Minnellis „The Band Wagon“ (1953) verkörpert sie die Ballerina Gabrielle Fabray, die für eine Comeback-Show als Partnerin des schon etwas abgehalfterten Musicalstars Tony Hunter (Fred Astaire) verpflichtet wird. Auf amüsante Weise verarbeiteten die Drehbuchautoren Betty Comden und Adolph Green dabei tatsächliche Ängste ihres Freundes Astaire, der sich bereits für zu alt hielt und eine Abneigung gegen „zu große“ Filmpartnerinnen hatte – zu denen Charisse mit ihren endlosen Beinen zweifellos zählte. Sehr erheiternd – und natürlich mit tollen Tanzszenen ausgestattet. In Minnellis Schottland-Fantasie „Brigadoon“ (1954) kommt dann eher die romantische Seite von Charisse zum Tragen, hier spielt sie eine Bewohnerin eines Dorfes im Hochland, das nur alle hundert Jahre für einen Tag aus einem mysteriösen Nebel auftaucht. Das bereitet vor allem Gene Kelly Probleme, als er ausgerechnet an jenem Tag dort auftaucht und sich in sie verliebt. Auf der Leinwand ist diese Studiokreation mit falscher Heide und den Pappkulissen des Wunderortes übrigens noch deutlich beeindruckender anzusehen als auf DVD (OmU, 12. 1., Arsenal).
Wer nach Ridley Scotts „Exodus“ mit dem sich langsam zum Charlton-Heston-Lookalike morphenden Christian Bale noch nicht genug hat von den Bibelfilmen, bekommt jetzt die Gelegenheit, sich den in dieser Hinsicht ultimativen Knüller anzusehen: Cecil B. DeMilles „Die zehn Gebote“ mit dem Original-Nussknacker Charlton Heston als Moses. Die Tricktechnik war 1957 vielleicht noch nicht ganz so weit wie heute und bestand überwiegend aus Rückprojektionen, dafür wird in diesem Monumentalwerk aber auch Gottes Wort garantiert nicht angezweifelt. Ein taktisches Lavieren wie bei Scott, der auch die Agnostiker noch mit in sein Boot holen will, gibt es bei DeMille/Heston nicht. Wer hier anderer Meinung ist, dem haut Heston die Gebotstafeln um die Ohren. Erschlagen wird man von „Die zehn Gebote“ sowieso: Der Film dauert dreieinhalb Stunden (OmU, 11. 1., Filmrauschpalast).
In „Die Generallinie“ sollte Sergej Eisenstein auf Anweisung Stalins die Entwicklung der rückständigen russischen Dorfgemeinschaft hin zur modernen und produktiven Agrargenossenschaft abfeiern. Der Regisseur und sein Kameramann Eduard Tisse nahmen den Auftrag zum Anlass, einen grandiosen avantgardistischen Propagandafilm mit orgiastischen Szenen über Butterzentrifugen und wahnwitzigen Montagesequenzen mit Rinderkopulationen für den Fortschritt zu drehen (OmU, 13. 1., Arsenal 2).