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Archiv-Artikel

„Dahin, wo’s wehtut!“

Tobias Schlegl (29) moderiert von heute an das Satiremagazin „extra 3“ (NDR, 23 Uhr). Aber kann der Ex-Viva-Mann überhaupt bissig sein? Er sagt: „Die Tendenz zur Rampensau war immer schon da“

INTERVIEW SUSANNE LANG

taz: Herr Schlegl, Sie waren lange der nette Junge vom Musikfernsehen, jetzt moderieren Sie eine politische Satiresendung. Können Sie bissig sein?

Tobias Schlegl: Ich glaube und hoffe, dass ich dieses Schwiegersohn-Image nie hatte. Gerade bei Viva – mit meiner eigenen Sendung waren wir sehr böse. Einmal habe ich die Bodyguards von Hans-Dietrich Genscher ausgetrickst, weil ich mit ihm „Hoch auf dem gelben Wagen singen wollte“. Die Tendenz zur Rampensau war schon immer da.

Wird „extra 3“ nun zu einer Personality-Show, „Jetzt gibt’s Schlegl!“, wie der NDR wirbt?

Nein, der politische Anspruch bleibt. Ich habe den Wunsch, ein politisches Aktionsformat im Fernsehen zu machen, wo man Politikern die Köpfe waschen kann. Und „extra 3“ hat auch diese Weltrevolutionsattitüde: Wir wollen dahin, wo’s wehtut.

Mit dem Aktionsformat wollten Sie doch vor allem die Jungen ansprechen – sollen Sie die nun zu „extra 3“ lotsen?

Der Altersschnitt unserer Zuschauer ist hoch, das stimmt. Aber der NDR, dem man vielleicht einiges ankreiden kann, ist mit diesem Generationswechsel mutig. Sie wählen einen Moderator, der jünger ist als das Format.

So werden Sie vermarktet.

Das war mein erster Satz beim Casting, den haben sie geklaut. „Skandal beim NDR: Zum ersten Mal ist der Moderator jünger als das Format.“ Der ist jetzt in der Pressemitteilung gelandet. Wer hätte das gedacht.

Hat der skandalöse Moderator einen Wunschgast für die erste Sendung?

Ich wünsche mir Herrn Bosbach, ich bekomme Wolfgang Bosbach.

Warum der stellvertretende Vorsitzende von CSU/CDU?

Ganz ehrlich: Er war nicht mein Wunschgast. Aber je größer die Namen, desto besser. Ich bin Verfechter des Mottos: keine Angst vor hohen Tieren. Man muss sie nur anders angreifen, mit unerwarteten Themen bombardieren. Als Erster hat Herr Bosbach zugesagt. Die darauffolgende Woche kommt Heiner Geißler.

Der ist doch nett und lieb geworden als Attac-Mitglied?

Stimmt, den kann man gar nicht mehr so richtig verpflichten, da erzählen wir wahrscheinlich vom Krieg. Ansonsten sind für die Sendung Politiker wichtig, die man verantwortlich machen kann. Und von Herrn Bosbach will ich einiges wissen …

Was denn? – Okay, Ihrem Seufzer nach zu urteilen, dürfen Sie das nicht verraten?

Eigentlich nein, weil er das sicher mitkriegen würde. Auf jeden Fall werden wir über Rechtsradikalismus, NPD, Mügeln und schwarze Sau bzw. schwule Sau reden, das greift ja alles ineinander.

Falls die politische Lage solche Skandale nicht hergibt, haben Sie angekündigt, selbst für Skandale zu sorgen. Welche liegen in der Schublade?

Jaa, da gibt es welche, die ich aber auch nicht verrate.

Das ist ja schlimmer als beim BND …

Man darf sich das so vorstellen: Wir nehmen die Wirklichkeit als Satire und setzen noch einen drauf. Künftig werden wir die PolitikerInnen vor Ort abfangen, wenn Sie nicht zu uns ins Studio kommen. Dafür haben wir ein mobiles Studio gebaut.

Also Eklat statt Skandal?

Ja. Wir wollen für Aufruhr sorgen und vielleicht mal wieder die Weltmeisterschaft nach Deutschland holen.

Weitere Ziele?

Das Wehklagen soll groß sein, wenn ich in zehn Jahren gehe.

Und dann übernehmen Sie das heute-Journal, wie der ehemalige „extra 3“- Moderator Wolf von Lojewski?

Nee, dann übernehme ich die NDR-Talkshow, mit Olivia Jones.