: taz-Thema der Woche
Wohin treibt die Regierung?
Schuldenunion
■ betr.: „Schulterschluss gegen Merkel“, taz vom 12. 9. 11
Wie unbedarft oder volksverdummend ist denn der Seehofer eigentlich? Wir haben doch schon die Schuldenunion und wir haben sie nicht Bonds genannt, sondern European Financial Stability Facility (EFSF).
Und was ist der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) anderes als eine Schuldenunion?
Was ist das für ein dümmlicher Satz, es dürfe nicht zu einer Schuldenunion kommen? In welcher Zeit lebt der denn?
Diese Union ist schon da. Über die sollte man diskutieren, nicht darüber, dass es sie nicht geben sollte. mein Name, taz.de
Obskur
■ betr.: „Zweckbündnis der Egoisten“, taz vom 13. 9. 11
Das Schlimme ist doch, dass es einfach als gegeben hingenommen wird, dass alle europäischen Staaten, auch Deutschland, und die USA sowieso, nur noch durch immer neue Schulden von irgendwelchen obskuren Investoren am Laufen gehalten werden können.
Diese dubiosen Investoren treiben die Politiker vor sich her, keiner ist mehr Herr seiner Taten. Sie können das kleine Griechenland nicht pleite gehen lassen wegen der Ansteckungsgefahr für Portugal, Spanien, Italien, Frankreich, Deutschland … (in dieser Reihenfolge). Valentin, taz.de
Ängste der Deutschen
■ betr.: „Rösler weiter unter Beschuss“, taz vom 15. 9. 11
Ohne für Rösler als Vizekanzler und Wirtschaftsminister in die Bresche springen zu wollen, muss man mal die Kirche im Dorf lassen: Wenn man ihm Wählerfang unterstellt und ihm ernstlich einen Rücktritt nahe legt, ist das ein glatter Gegenangriff. Dass vor allem die SPD gegen Rösler wettert – vornehmlich Steinmeier, der sich damit brüstet, für derartige finanziellen Unterstützungsaktionen für Griechenland bereit zu sein, weil Deutschland wirtschaftlich zumindest besser dasteht als Griechenland – lässt die Ängste der Deutschen außer Acht, die es nicht einsehen, dauernd einem fremden Staat, der nicht haushalten konnte, finanziell unter die Arme zu greifen.
IMME KLEE, Hamburg
7.920.279.244.144 Euro
■ betr.: „Zweckbündnis der Egoisten“, taz vom 13. 9. 11
Damit kein falschen Bild entsteht, gehören zum Schuldenstand auch immer folgende Angaben: Netto-Privatvermögen: 7.920.279.244.144 Euro, Vermögen der oberen 10 Prozent: 5.018.122.776.479 Euro.
Das Vermögen wächst sehr viel schneller als die Schulden. Darin sind aber auch die Gewinne derer enthalten, die gegen Länder wie Griechenland und den Euro insgesamt spekulieren. Die „Rettung“ Griechenlands ist also nur die Rettung der Spekulanten. Statt sich also die eigentlichen Verursacher der Krise zur Brust zu nehmen, pöbelt man heute gegen die Griechen und morgen gegen Italien. Mit ihren geringen Steuern, erhöhter Korruption, einem schwachen Staat und Beschiss sind die doch nur dem Ideal neoliberaler Ideologie konsequent gefolgt. Außerdem: Welchen Anteil hat Deutschland mit seinen auf Lohndumping beruhenden Exportüberschüssen an der derzeitigen Situation? Warum wendet sich keine unserer Regierungen gegen diese Spekulation? Die Schröderregierung hat diesen Mist hier erst hoffähig gemacht. Und das zurzeit hochgejazzte Ökonomen-Genie Steinbrück war in vorderster Front dabei. Nordwind, taz.de
CDU-FDP-SPD sind schuld
■ betr.: „So ernst ist die Koalitionskrise“, taz vom 15. 9. 11
Griechenland und andere Länder ständig zu „beschirmen“, steht uns bis zum Hals. Doch zahlen und bürgen wir nicht weiter, erwartet uns der Staatspleiten-Dominoeffekt und die Wirtschaftskrise.
Dann müssen wieder Banken (mit Milliarden) und die Wirtschaft (mit Kurzarbeitergeld, Abwrackprämie u. ä.) gerettet werden. Und womöglich erhält unser Staat dafür keine Kredite mehr von den Finanzmärkten, weil er bereits zu hoch verschuldet und „verbürgt“ ist. Diese fatale Situation haben uns die CDU-FDP-SPD-Spitzenpolitiker beschert, weil sie mit Hilfe unseres technischen Vorsprungs und mit Sozialabbau (Hartz IV, Leiharbeit, Aushungern der Rentenkasse usw.) das eigene Volk kurz hielten und auf Mega-Export setzten.
Der deutsche Exportüberschuss bringt Jahr für Jahr etwa 150 Milliarden Euro Überschuss bei der Zahlungsbilanz.
HANS OETTE, Neuenstadt
Wunschkonzertsaal für Investoren
■ betr.: „Machterhalt um jeden Preis“, taz vom 14. 9. 11
Als wenn das Duo Infernale Merkel/Rösler und solche scheinoppositionellen Figuren wie Steinmeier und Steinbrück nicht ein und dasselbe Ziel verfolgten: Die Auswirkungen der gnadenlosen Bereicherungökonomie auf dem Rücken der einfachen Leute abzuladen. Das gilt für ihren unmittelbaren Wirkungsbereich Deutschland, aber natürlich auch für die global und mit Deutschland vernetzten Ökonomien anderer Länder, wie eben Griechenland.
Was macht nun Ihr Kommentator Klaus Hillenbrand aus diesem wirklichen Skandal? Er informiert uns mit seiner Erkenntnis, dass Angela Merkel ihre Macht und das Bündnis mit der FDP um jeden Preis erhalten will und dabei kalten Angstschweiß ausströmt. Abgesehen von der Trivialität dieser Erkenntnis, zeigt sich jedoch, dass es ihn selbst bereits kalt erwischt hat, denn im zweiten Absatz seines Kommentars ist zu erfahren: „Es ist nicht so, dass das Bündnis in entscheidenden Fragen eine falsche Politik betreiben würde.“
Einen so krassen journalistischen Blankoscheck habe ich noch nirgendwo gelesen. Natürlich betreibt die CDU/FDP in allen entscheidenden Politikfeldern eine falsche Politik, weil sie gemäß ihrer am individualistischen Gewinnstreben orientierten und damit asozialen Ideologie sich als politische Legitimationsmaschine für die „Eliten“ anbietet. Insofern ist auch Hillenbrands zweite Erkenntnis, dass das Bündnis keine stringente Politik mehr betreiben würde, schlicht Quatsch. Stringent und zielstrebig will Schwarz-Gelb den deutschen Restsozialstaat und so nebenbei Griechenland gleich mit in einen Wunschkonzertsaal für Investoren umbauen. Dass es dabei zu Widerständen und Komplikationen kommt, liegt in der Natur der Sache und ist auch notwendig. DIETER SCHÖNROCK, Hamburg
Zappelphilipp
■ betr.: „Neulich am Kabinettstisch“, Karikatur S. 1 vom 14. 9. 11
Moin zusammen, die Karikatur vom Zappelphilipp des Frankfurter Arztes Heinrich Hoffmann aus dem Jahr 1845 trifft das jetzige Bild der Regierungskoalition besonders treffend. Philipp Rösler als Zappelphilipp, natürlich sind alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen rein zufällig!
Man könnte herzhaft lachen, wenn es nicht so ernst stünde um die europäische Einheit und den europäischen Frieden. Danke an die tazler, dass Ihr dieses Thema so gut auf den Punkt gebracht habt!
JÖRG HUTTER, Bremen
Populistisch
■ betr.: „Machterhalt um jeden Preis“, taz vom 14. 9. 11
Es ist schon erstaunlich, auf welchem Niveau sich die deutsche Bundesregierung bewegt: Um vielleicht ein paar hundert Stimmen bei der Wahl in Berlin zu ergattern, setzt der Bundeswirtschaftsminister rücksichtslos das gesamte Gefüge der nationalen und internationalen Finanzwirtschaft auf’s Spiel.
Und die Provinzler aus dem Süden applaudieren aus krass populistischen Überlegungen. Wieso eigentlich bleiben wir so gelassen ob derartiger, extrem gefährlicher Possen?
F. LOTHAR WINKELHOCH Gummersbach
Das ist ihr Parteiauftrag
■ betr.: „Rösler weiter unter Beschuss“, taz vom 15. 9. 11
Zu diesem wichtigen Thema sollte man keinem Politiker mehr zuhören. Seit zwanzig Jahren sprechen die Politiker im Fernsehen. Jedes Mal rücken die mit nur so viel Wahrheit raus, wie sowieso bald durch das Tagesgeschehen ans Licht kommt! Das ist ihr Parteiauftrag. Will man die Wahrheit wissen, so schalte man Politikerfernsehen ab. Der Wahrheit kommt noch am nächsten, wer vor Ort mit direkt betroffenen Menschen spricht. Die sind aber nicht im Fernseher zu sehen, dafür die Politiker, weil die haben schönere Anzüge mit Schlips, und nicht so’n C-&-A-Kram von der Stange.
MANFRED DUMKE, taz.de
Der FPD-Vorsitzende und neuerdings Wirtschaftsminister und Vizekanzler Philipp Rösler hat Krawall gemacht: Griechenland soll einfach pleite gehen und nicht mehr im Verein der Europäischen Union mitspielen dürfen. Selbstverständlich nennt er das eine „Vision“, die er sicher auch mit Blick auf die Wahlen in Berlin an diesem Sonntag hatte.
Kanzlerin Angela Merkel ist über Röslers Vorstoß todunglücklich und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble steht ihr zur Seite, weil sie die Gefährdung der Gesamt-EU fürchten. First we take Greece, then we take …
Der Fraktionschef der SPD, Frank-Walter Steinmeier, hofft bereits auf Neuwahlen.
Und die Griechen? Sie wehren sich weiter mit Protesten und Streiks gegen den europäisch verordneten Sozialabbau.