Noch billiger wohnen mit Hartz IV

SOZIALES In Bremen wurden neue Pauschalen für die Erstausstattung von Wohnungen von Arbeitslosen beschlossen. Die Solidarische Hilfe kritisiert Kürzungen und eine „verlogene“ grüne Politik

Für die Erstausstattung ihres Haushaltes gibt es für Hartz-IV-EmpfängerInnen feste Pauschalen (alle Angaben in Euro):

■ Staubsauger: 30

■ Waschmaschine: 103

■ Kühlschrank: 61

■ Elektroherd: 64

■ Gasherd: 115

■ Couchtisch: 29

■ Doppelbett mit Lattenrost: 84

■ Schwangerschaft und Geburt des ersten Kindes: 556

■ Geld für einen Fernseher gibt es gar nicht: Er zählt weder als Einrichtungs- noch als Haushaltsgegenstand. (mnz)

Für die einen sind es „redaktionelle Änderungen der Verwaltungsanweisungen“. Für die anderen sind es handfeste Kürzungen von Leistungen für Hartz-IV-EmpfängerInnen in Bremen. Konkret geht es dabei vor allem um die Erstausstattung von Wohnungen mit Einrichtung und Haushaltsgeräten.

Dazu gehört laut Rechtsprechung alles, was zu einer „geordneten Haushaltsführung“ und einem „menschenwürdigen Wohnen“ erforderlich ist. Dafür werden Pauschalen gezahlt, die aber angesichts von Novellierungen des Sozialrechts sowie diverser Gerichtsurteile jetzt für das Land Bremen neu festgesetzt werden mussten. Zwar seien die bisherigen Beträge „nicht in jedem Fall unzureichend“, heißt es in einer Vorlage des Sozialressorts, die am Donnerstag von der Sozialdeputation beschlossen wurde, dennoch gebe es Gerichtsurteile, wonach es „mit den aktuellen Pauschalen nicht möglich sei“, eine Wohnung „vollständig“ mit den erforderlichen Möbeln und Elektrogeräten einzurichten. Dabei kommt ohnedies nur Gebrauchtes in Frage – auf Neues haben Hartz-IV-EmpfängerInnen keinen Anspruch.

Die Solidarische Hilfe kritisiert, dass bei einzelnen Posten nun gekürzt wurde. So stehen etwa für den Kühlschrank nun 61 statt bisher 69 Euro zu Verfügung, für eine Waschmaschine durften bisher 161, jetzt aber dürfen nur noch 103 Euro ausgegeben werden. „Das ist eine Unverschämtheit“, sagt Inge Graefe-Heigl von der Solidarischen Hilfe, die selbst in der Sozialdeputation sitzt. Sie kritisiert die Kürzungen „durch die Hintertür“ und hält die grüne Politik für „verlogen“. Auch seien besonders umweltfreundliche, weil energieeffiziente Geräte kaum für diesen Preis zu haben. Ferner erwartet sie weitere Streichungen, wenn die Kosten der Unterkunft in Bremen neu geregelt werden.

Der grüne Staatsrat Horst Frehe räumte die Kürzungen in der Deputationssitzung indirekt ein. Die Vorlage spricht davon, dass die Pauschalen für Zwei-Personen-Haushalte um 37, für Drei-Personen-Haushalte um 58,50 Euro verringert wurden, Single-Haushalten jedoch 33,10 Euro mehr zugestanden würden. Zur Festlegung der konkreten Summen hat die Behörde unter anderem auf Internetseiten wie bremen.de Preise recherchiert und durchschnittlich berechnet.

Insgesamt gibt es für Singles 731, für zwei Personen 1.001 Euro. Drei-Personen-Haushalte bekommen 1.316 Euro, wenn dort ein Kind bis sechs, 1.354 Euro, wenn dort ein älteres Kind lebt. Für größere Familien soll der Bedarf „entsprechend abgeleitet“ werden, wie genau, das sagt die Verwaltungsanweisung jedoch nicht. Gerade Aussiedlerfamilien bestünden öfter aus mehr Mitgliedern und älteren Kindern, sie wären daher besonders von zu geringen Sätzen betroffen, sagt Jens Schröter vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, der ebenfalls in der Sozialdepu sitzt. „Ein Haushalt aus drei Erwachsenen ist nun einmal recht selten“, sagt Frehe dazu – „außer es ist die Großmutter“.

Mehr Probleme hat Frehe mit einer anderen Neuregelung: denn ein Fernseher wird nicht bezahlt. Er zählt nicht zur Erstausstattung einer Wohnung für Hartz-IV-EmpfängerInnen, hat das Bundessozialgericht Anfang des Jahres entschieden. Der Umstand, dass 95 Prozent der Bevölkerung über TV-Geräte verfügen, ändere daran nichts, so die Richter. Ein Fernseher sei weder Einrichtungsgegenstand noch Haushaltsgerät. „Ich habe mich selbst darüber geärgert“, sagt Frehe, selbst von Haus aus Sozialrichter. mnz/jpb