Vorrang für Tariftreue

Wirtschaftssenator will bei der Vergabe öffentlicher Aufträge soziale Mindeststandards berücksichtigen

Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) will das Vergaberecht verschärfen. Neben dem Preis sollen über die Vergabe öffentlicher Aufträge auch ökologische und soziale Mindeststandards der Unternehmen entscheiden, sagte Wolf gestern. Zu den wichtigsten Kriterien gehöre die Tariftreue. Das Berliner Tariftreuegesetz, das nur für das Baugewerbe gilt, solle deshalb auf alle Branchen ausgedehnt werden.

Zugleich will Wolf prüfen lassen, ob es rechtlich möglich ist, für Bereiche, in denen keine Tarifbindung existiert oder Tariflöhne unterhalb der Armutsgrenze liegen, eine Art Mindestlohnregelung einzuführen. Schließlich seien im Osten immer weniger Unternehmen tarifgebunden, so der Senator. Zugleich wolle die Landesregierung Druck auf den Bund ausüben, sich einer Mindestlohn-Regelung auf Bundesebene nicht länger zu verschließen. Als weitere Kriterien für die Auftragsvergabe nannte Wolf die Ausbildung von Jugendlichen, Frauenförderung oder die Umweltverträglichkeit von Produkten und Verfahren des Bewerbers.

Die Novellierung des Vergabegesetzes widerspricht laut Wolf nicht geltendem Recht, wonach das Verfahren diskriminierungsfrei sein muss. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 2006 seien Mindeststandards bei der Auftragsvergabe grundsätzlich zulässig. Aus diesem Grund sehe er Berlin auf der sicheren Seite. Der Gesetzentwurf der Wirtschaftsverwaltung wird derzeit mit den anderen Ressorts abgestimmt. Wolf hofft, dass er noch in diesem Jahr vom Parlament verabschiedet werden kann. DDP