: Die Leitwölfin
Vielleicht war das ihr bisher größter Sieg. Nadine Keßler, frisch gekürt zur weltbesten Fußballerin des Jahres 2014, trat mitten im großen Tamtam rund um die Wahl des Weltverbandes Fifa wie eine ganz normale Sportlerin auf. Sie hat ein akutes Problem mit ihrem verletzten Knie. Sie arbeitet und studiert neben dem Fußball. „Mein Herz schlägt bis zum Hals“, gestand die 26-Jährige vom VfL Wolfsburg. Keßler wurde neben Cristiano Ronaldo (Real Madrid), Bundestrainer Joachim Löw und ihrem Vereinstrainer Ralf Kellermann ausgezeichnet.
Wie gewinnt man einen solchen Titel? Keßler hat mit dem VfL Wolfsburg in den vergangenen beiden Jahren fünf Titel geholt. Wichtiger aber ist noch: Die Nationalspielerin wird als Vorbild wahrgenommen. Sie opfert sich für das Team auf. Ihre Körperhaltung signalisiert, dass sie in Wolfsburg gerne die Leitwölfin ist und zur Not auf die Zähne beißen kann. VfL-Coach Kellermann lobt die taktischen Fähigkeiten seiner defensiven Mittelfeldspielerin. Tore schießt die Dame auch noch in Serie. Sie war, das hat das Votum bei der pompösen Fifa-Wahl bestätigt, zuletzt in der Form ihres Lebens.
Die Ruhe nach dem Trubel in Zürich will Keßler zielstrebig nutzen. Ihr immer wieder lädiertes Knie, das zuletzt sogar eine Meniskusoperation erforderlich gemacht hat, soll so schnell wie möglich wieder schmerzfrei funktionieren. Der Traum, mit dem VfL Wolfsburg zum dritten Mal in Folge die Champions League zu gewinnen, macht ihr Beine. Im Juni steht zudem die Weltmeisterschaft in Kanada, an der „Kessi“ unbedingt teilnehmen möchte. Deshalb kehrt sie vom roten Teppich so schnell wie möglich in den Reha-Alltag zurück. „Es prägt dich einfach, dass du immer wieder aufstehen musst“, sagte Keßler nach ihrem großen Auftritt.
In Zürich hat sie an den bei einem Verkehrsunfall verstorbenen VfL-Profi Junior Malanda erinnert. Sie mag kein Star wie Ronaldo sein. Aber ihr sind dank des äußerst charmanten Auftritts jede Menge Sympathiepunkte sicher. CHRISTIAN OTTO