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Archiv-Artikel

Gericht verhängt Geldstrafen für Tragen des Vollschleiers

FRANKREICH Zum ersten Mal sind zwei Frauen wegen des Verschleierungsverbots verurteilt worden

Von GB
Eine Muslimin will mit Schleier zur Präsidentschaftswahl antreten

PARIS taz | Premiere in Frankreich. Zwei französische Musliminnen sind von einem Gericht in der Gemeinde Meaux im Department Seine-et-Marne zu Geldstrafen verurteilt worden, weil sie den Vollschleier in der Öffentlichkeit getragen haben. Die 32-jährige Hind Ahmas muss 120 Euro Strafe zahlen, ihre 36-jährige Religionsschwester Najate Nait Ali kam mit 80 Euro davon. Frankreich hatte das Tragen des Vollschleiers im April verboten. Die beiden Frauen hatten den Niqab am 5. Mai demonstrativ vor der Stadthalle von Meaux, östlich von Paris, öffentlich zur Schau gestellt. Der Bürgermeister dieser Gemeinde ist der Abgeordnete Jean-Francois Copé, einer der Architekten des Gesetzes zum Verschleierungsverbot. Copé ist Mitglied der Regierungspartei UMP von Präsident Nicolas Sarkozy.

Eine weitere Muslimin, die gegen das Verschleierungsverbot ankämpft, hat unterdessen angekündigt, im kommenden Jahr bei den französischen Präsidentschaftswahlen antreten zu wollen. Sie kündigte an, im Wahlkampf den Niqab tragen zu wollen. Seit April sind in Frankreich insgesamt 90 Frauen von der Polizei registriert worden, weil sie den Vollschleier in der Öffentlichkeit getragen haben. Nach dem umstrittenen Gesetz ist es in Frankreich verboten, den Schleier bei Spaziergängen, während des Busfahrens oder beim Abholen der Kinder von der Schule zu tragen.

Hind Ahmas, Mutter von drei Kindern, erklärte nach der Urteilsverkündung, dass sie darauf gehofft habe, zu einer Geldstrafe verurteilt zu werden, um in die Berufung gehen zu können. „Es muss ein Urteil mit einer Strafe geben, damit ich die Sache vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen kann. Dafür ist es zwingend, dass eine Strafe verhängt worden ist.“

Dutzende muslimische Frauen in Frankreich legen den Vollschleier aus Protest gegen das gesetzliche Verbot an. Sie werden von der Gruppe „Greif meine Verfassung nicht an“ unterstützt. Während des Prozesses gegen Ahmas und Ali versammelten sich sechs verschleierte Frauen demonstrativ im Gerichtssaal, um ihre Solidarität zu bekunden. Insgesamt leben in Frankreich rund 2.000 Frauen, die den Schleier tragen. Schleierverbote wie in Frankreich gibt es bislang in Belgien, Italien, Dänemark, Österreich den Niederlanden und der Schweiz. GB