: Einblick (556)
Flavio de Marco, Maler
■ Flavio de Marco wurde 1975 in Lecce, Italien geboren. Er studierte an der Accademia di Belle Arti in Bologna. De Marco hatte Einzelausstellungen in der Collezione Maramotti in Reggio Emilia (2010), im Italian Cultural Institute in London (2011) und in der Galleria Nazionale d’Arte Moderna in Rom (2014). 2011 war er im italienischen Pavillon auf der Biennale von Venedig vertreten. 2013 wurde de Marcos groß angelegtes Projekt „Stella“ im Künstlerhaus Bethanien präsentiert. Flavio de Marco lebt und arbeitet in Berlin.
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?
Flavio de Marco: Das ist schon etwas länger her. Es wurden flämische Meister in der Gemäldegalerie gezeigt, u. a. Rogier van der Weyden. Es ist nicht möglich, etwas in der Gegenwart zu bewegen, ohne die alten Meister anzuschauen. Obwohl er Details sehr realistisch malt, schafft van der Weyden einen sehr umfassenden abstrakten Effekt. So bewegt sich das Auge des Betrachters durch die räumlichen Ebenen des Gemäldes.
Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen?
Am liebsten nehme ich einen Martini Cocktail in der Green Door in Schöneberg. Aber ich warte immer noch auf einen Club, in dem Künstler die ganze Nacht über ihre liebsten Bücher diskutieren. Das habe ich in Bologna gemacht. Es war eine Osteria, und wir haben viel Sangiovese getrunken, das war sozusagen der Motor unseres Klans von Sprachbegeisterten.
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/dich durch den Alltag?
Ich habe gerade „2666“ von Roberto Bolano gelesen. Sein Schreibstil hat mich geschockt. Ähnlich wie die Malerei van der Weydens hat mir dieses Buch bewusst gemacht, dass es möglich ist, durch Fragmente der Realität eine Einheit zu erreichen. Das Besondere liegt bei Bolano im täglichen Leben. In seiner Wahrnehmung gibt es keine Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit. Im Gegensatz zu den Surrealisten zeigt er, dass der Traum nichts Unbewusstes ist, sondern ein Teil der Realität.
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/dir am meisten Freude?
Ins Kino zu gehen und den letzten Film von Jean-Luc Godard zu sehen. Bevor ich hineingehe und draußen noch das Filmplakat betrachte, baut sich in meinem Körper eine Art Spannung auf. Das erinnert mich an meine ersten Treffen mit Mädchen, als ich noch zur Grundschule ging. Ich fühle mich jünger mit Godard.