MUSIK

hört auf den Sound der Stadt

TIM CASPAR BOEHME

Festivalzeit! Nur noch wenige Tage, und man kann sich vor lauter Musik kaum noch retten: Es naht eine geballte Ladung Konzerte für alle Musiksüchtigen. Wobei Musik ja dieser Tage ohnehin gern mal immer und überall ist, was die Frage aufwirft, ob Festivals nicht eigentlich eine anachronistische Geste sind. Andererseits macht es immer noch einen Unterschied, ob man sich für mehrere Tage musikalischen Darbietungen auf der Bühne aussetzt, sie also auch körperlich direkt nachvollzieht, oder sich den täglichen Musikbedarf bloß mittels kleiner Ohrstöpsel verabreicht. Bevor es aber so richtig losgeht, sei auf den Auftritt von Mary Ocher am Donnerstag im Marie Antoinette verwiesen. Die Singer-Songwriterin kommt in Begleitung ihrer neuen Art-Rock-Band, die sich Your Government nennt und aus zwei Schlagzeugern besteht. Es ist mit Getrommel zu rechnen (Bogen 47, Holzmarktstr. 15–18, 20 Uhr, VVK 10 €/AK 10–12 €).

Ein weiteres Einzelkonzert kann man am Freitag erleben: Der Lo-Fi-Blues-Musiker Willis Earl Beal stellt im Roten Salon sein neues Album „Experiments in Time: The Golden Hour“ vor. Dass er im Rahmen des Filmfestivals „Unknown Pleasures“ musiziert, hat damit zu tun, dass er dort in einem Film als Hauptdarsteller zu sehen ist: „Memphis“ läuft vor dem Konzert im Babylon Mitte (Rosa-Luxemburg-Platz, 22 Uhr, 13–15€).

Und damit wären wir endlich im Musikfestivalrummel gelandet. Den Auftakt macht, noch einmal am Freitag, Ultraschall Berlin, das sich zur Eröffnung in den Club Berghain begibt, wo Musik überwiegend elektronischer Machart aus dem Soundsystem tönen wird: Die Komponisten Gilles Aubry & Robert Millis mischen Schellackplatten mit traditioneller indischer Musik und Field Recordings von hinduistischen Bestattungsritualen, der Elektroniker Marcus Schmickler lässt sich für seine Performance vom Klarinettisten Hayden Chisholm tatkräftig am Dudelsack unterstützen, und die libanesischen Klangkünstler Tarek Atoui und Charbel Haber greifen auf Instrumente aus dem Berliner Phonogrammarchiv zurück. Alles in allem eine Zusammenstellung, die auch gut ins ästhetische Konzept des CTM-Festivals passen würde, das eine Woche später beginnt (Am Wriezener Bahnhof, 20 Uhr, 18,50 €).

Montag setzen dann die Kollektiv Nights des Jazzkollektivs Berlin zu ihrer elften Ausgabe an. Drei Tage mit je drei Formationen, die sich dem freien und avantgardistischen Jazz verschrieben haben. Dienstag gibt es zudem ein Release-Konzert des Trios Tiya um den Pianisten Marc Schmolling, dessen selbstbetiteltes Album mit wunderbar zartem Kammerjazz soeben erschienen ist. Toll! (Tiyatrom, Alte Jakobstr. 12, 19.–21. 1., 20 Uhr, 18/12 €).