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Archiv-Artikel

hamburger szene Legendenschwemme

Die Bustür öffnet sich und plötzlich ist da dieses Gefühl, dass all die Jahre der Entbehrung zwischen Dispo und Aldi, zwischen schlechten Spielen und überflüssigen Pressekonferenzen sich doch gelohnt haben, dass eine höhere Macht einen durch Fehlentscheidungen und Fehlschläge mit sicherer Hand bis zu diesem Augenblick geführt hat, in dem man endlich auch einmal behaupten kann, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

Die Bustür öffnet sich und entlässt eine Ikone aus der Kindheit nach der anderen ins Millerntorstadion. Die 54er-Legende folgt der Trainer-Legende, die Schiedsrichterlegende der Masseurlegende. Aber der wohlige Schauer will sich bei all den Speziallegenden für Fallrückzieher und Bananenflanken und den Feld-, Wald- und Wiesen-Legenden wie Magath, Möller und Matthäus nicht einstellen. Auch Top-Legende „Euch-Uwe“, wie man ihn auf St. Pauli nennt, und Horst Eckel, das wandelnde Wunder von Bern, lassen mit ihrem routinierten Legenden-Posing das Herz nicht höher schlagen.

Legenden muss man wahrscheinlich einzeln konsumieren, in der Masse wirken sie profan. Vielleicht klappt es ja bei dem unscheinbaren Herrn mit der weißen Mütze. „Herr Dörfel, treffen sie sich denn noch manchmal mit ihren Legenden-Kollegen?“ „Klar, mit Uwe gehe ich hin und wieder zu Delta-Fleisch am Fernsehturm.“ Das Leben hat die Legenden meiner Kindheit also zu Delta-Fleisch geführt. In diesem Augenblick bin ich erwachsen geworden. RALF LORENZEN