Märchenoper in der Tennishalle

Ganz Buxtehude spielt enthusiastisch mit: Detlef Glanerts Oper „Die drei Rätsel“ ist als Koproduktion von Profis und Laien gedacht und geschrieben. Und hat einen sehr demokratischen Probenprozess erzeugt. Da kommt man auch schon mal ohne Klimaanlage aus

Das Gut Immenbeck bei Buxtehude war schon einmal Aufführungsort: für ein Posaunenkonzert auf einer über einem See schwebenden Plattform. „Wenn ihr nicht gut seid“, hat Landwirt Bartmer, der das Projekt initiierte, gesagt, „lasse ich euch ins Wasser fallen.“ Seine Tochter, Rose Bartmer, setzt die künstlerische Tradition in größerem Maßstab fort. Die mittlerweile in New York lebende Dramaturgin hat gemeinsam mit der Regisseurin Julia Haebler einen Verein gegründet: „Eine Stadt macht eine Oper e.V.“.

Der Plan wurde im April gefasst, die Proben starteten zu Beginn der Sommerferien. Diesen Freitag ist Premiere. Gegeben wird Detlef Glanerts Märchenoper „Die drei Rätsel“. Sie ist eigens für eine Zusammenarbeit von Profis und Laien komponiert: Neben technisch anspruchsvollen Passagen gibt es solche, die auch Laien bewältigen können.

Die Oper erzählt vom Erwachsenwerden: Held Lasso verlässt die behütende Welt seiner Mutter und gelangt in das „Königreich der Spiele“. Hier lebt die rätselverliebte Prinzessin Scharada, die, wie ihr Vorbild Turandot aus Puccinis Oper, eigentlich nicht heiraten will, dann aber doch lieben lernt: Ein Stück der schwarzen Bühnenwand fällt zusammen, dahinter ist das Meer. Lasso und Scharade, beide gespielt und gesungen von professionellen Kinderdarstellern, gehen Hand in Hand darauf zu.

Während der Proben geht die Choreographin nebenher und hält Lasso zurück: Er geht zu schnell. Auch der Männerchor war zu früh auf der Bühne. „Man sieht eure Schatten“, mahnt die Regisseurin die Leute im Backstagebereich per Mikrofon. Die Schatten huschen davon, und die Probe geht weiter.

Der Schauplatz: eine Tennishalle, die Rose Bartmers Bruder betreibt und unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat. Das Projekt lebt von solchem Engagement: Die Produktionskosten tragen zwar Stiftungen und Sponsoren. Ob die Macherinnen aber ein Gehalt bekommen werden, hängt von den Erlösen des Kartenverkaufs ab.

Für die Probenarbeit haben sie, sagt Bartmer, eine Art zweite Stadt schaffen müssen. Die besteht aus Bühne und Bühnentechnik – sowie, vor allem, aus Menschen, die diese Opern-Stadt bevölkern und zu ihrem Gelingen beitragen. Obwohl die Regionalpresse das Projekt etwas stiefmütterlich behandelt habe, hätten sich zahlreiche Menschen aus Buxtehude und Umgebung gefunden, die mitspielen oder -singen. Auch beim von Hanna Zimmermann entworfenen Bühnenbild und bei technischen Problemen halfen die Buxtehuder.

Den Schulen der Umgebung hatte man, um das Projekt bekannt zu machen, ein vorbereitendes Programm mit Theaterpädagogen angeboten. Schließlich handelt es sich um ein edukatives Projekt. „Neue Musik“, wie Glanert sie komponiert, sei den meisten unbekannt, sagt Bartmer. Die großen Opernhäuser geben eher das klassische Repertoire, neue Opern brauchen sehr lange, bis sie in die Spielpläne kommen. Da will die Buxtehuder Produktion eine Lücke füllen und sowohl Eltern als auch Kinder mit dieser Art von Musik vertraut machen.

Ein Lernprozess ist diese Art Opernaufführung nicht nur für die Zuhörer und beteiligten Laien, sondern auch für die Leute aus der Opernwelt: Jenseits des institutionalisierten Betriebs zu arbeiten bringt Unsicherheiten mit sich, und vieles muss improvisiert werden. Auf der anderen Seite entstehen Freiräume, die in etablierten Häusern so nicht gegeben sind: Die Probenarbeit läuft in Buxtehude demokratischer ab. Dafür nimmt man in Kauf, dass die Dinger an der Decke der Tennishalle keine Lüftung, sondern eine Heizung sind: Man kann ja in der Pause die Türen aufmachen.

Das Konzept „Eine Stadt macht eine Oper“ soll fortgesetzt werden, aber nicht unbedingt in Buxtehude. „Die drei Rätsel“ würde Bartmer gerne in ähnlicher Form in New York bringen. Buxtehude – New York? Zumindest in Bartmers Biographie hat das schon funktioniert.

Die Premiere ist ausverkauft. Karten und weitere Termine: ☎ 04161–501441 oder www.die-drei-raetsel.de