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Archiv-Artikel

Kita-Nachfrage steigt

Kita-Etat wird um 25 Millionen Euro erhöht, weil die Arbeitslosigkeit sinkt und daher mehr Mütter arbeiten und einen Gutschein beantragen. Auch die Ausgaben für Erziehungshilfen steigen

NOCH MEHR HILFE

Auch der Etat für Hilfen zur Erziehung (HZE) expandiert. Seit dem Tod von Jessica führte eine verstärkte Sensibilität dazu, dass die HZE-Fallzahlen von rund 5.500 auf mehr als 7.000 stiegen. So gab es zum Beispiel bei der Hotline für Kinderschutz 1.598 Anrufe, die laut Behörde überwiegend ernst zu nehmen waren.Deshalb steigt der Etat um fast 30 Millionen auf 170 Millionen Euro. Für rund 1.000 Familien gibt es ambulante Hilfe, 104 Kinder kamen in Pflegefamilien und 147 in Heime. KAJ

VON KAIJA KUTTER

Der Hamburger Senat hat gestern den Kita-Etat für 2007 und 2008 um 25 Millionen Euro auf 377 Millionen Euro erhöht. Grund ist die gestiegene Nachfrage nach Kita-Gutscheinen. „Wir rechnen damit, dass wir 2007 rund 3.700 Kinder mehr betreuen als ursprünglich eingeplant“, sagt der zuständige Abteilungsleiter der Sozialbehörde, Dirk Bange. Statt der prognostizierten 55.300 würden dann bis Jahresende 59.000 Kinder in Hamburger Kitas betreut.

Bei den Krippen für die Null- bis Dreijährigen stieg die Nachfrage mit 1.400 Kindern am stärksten. Weitere 1.300 Plätze werden für die Drei- bis Sechsjährigen und sowie 1.000 für die Horte für Schulkinder gebraucht. Finanziert werden die Mehrausgaben, die sich in ähnlichem Umfang bei den Erziehungshilfen auftun, aus Haushaltsrücklagen und durch Umschichtungen im Sozialetat.

CDU-Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram räumte ein, dass die Aufstockung ohne Alternative ist. Denn in Hamburg haben berufstätige Eltern seit 2005 einen Rechtsanspruch auf die Betreuung ihrer Kinder. In früheren Jahren war das nicht so, da war das Kita-Budget gedeckelt. „Ich glaube, so eine Deckelung ist das falsche Instrument“, sagte Schnieber-Jastram. Die Investition in Bildung und Betreuung der Kinder sei gut angelegt.

Kinder nicht berufstätiger Eltern haben in Hamburg ab dem dritten Geburtstag einen Rechtsanspruch auf eine fünfstündige Betreuung samt Mittagessen. Die Senatorin kündigte an, sie wolle dies „nach Möglichkeit“ schon ab 2009 auf Zweijährige ausweiten. Die SPD-Fraktion kritisierte dennoch, dass trotz gegenteiliger Versprechen des Bürgermeisters zu wenig für sozial benachteiligte Kinder getan werde. „Der Beust-Senat hat die wohl letzte Chance in dieser Legislaturperiode verpasst, für eine bessere und konsequente Kindertagesbetreuung zu sorgen“, sagte die Kita-Politikerin Carola Veit.

Wer sich in gut situierten Stadtteilen umhört, erfährt von einer weiteren Schattenseite des Gutscheinsystems. „Es ist sehr schwer geworden, einen Krippenplatz zu finden“, berichtet die Mutter einer einjährigen Tochter. „Jede Kita lädt einmal im Monat zum Info-Abend ein, da gehen dann 20 Eltern hin und tragen sich in Wartelisten ein, obwohl sowieso klar ist, dass nur ein Platz zu vergeben ist.“ „Es gibt Stadtteile wie Eppendorf, Winterhude, Uhlenhorst, oder auch Horn, da gibt es in der Tat sehr lange Wartelisten“, bestätigt Katrin Geyer von der „Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten“. Dem Ausbau stünden dort leider „räumliche Beschränkungen“ im Weg.

Auch Peter Albrecht vom Landeselternausschuss für Kitas (LEA) weiß von diesem Mangel. „Gerade in Stadtteilen, wo der Aufschwung dazu führt, dass verstärkt junge Frauen in den Beruf zurückwollen, ergibt sich ein Problem“, sagt er. Außer aus Eppendorf habe er Klagen aus Volksdorf, Hoheluft und Othmarschen gehört. Es gebe vor allem ein Raumproblem, weil Hauseigentümer selten an Kitas vermieteten. Kitas hätten sogar schon Sondergenehmigungen, über die Raumkapazität hinaus mehr Kinder aufzunehmen. „Die Stadt müsste aktiv werden und Druck auf große Vermieter ausüben“, sagt der Elternsprecher. „Der Markt regelt das nicht.“

Dass die Lage „in einigen Stadtteilen ein bisschen schwierig ist“, räumt auch Dirk Bange ein. Die Behörde sei mit Trägern im Gespräch darüber, wie man Plätze aufbauen könne. Die Stadt Hamburg sei aber verpflichtet, Eltern mit Rechtsanspruch nach spätestens drei Monaten einen Platz anzubieten. Bange: „Das gelingt uns in der Regel auch. Bloß nicht in der Wunschkita.“

Keine Wartelisten gibt es übrigens beim kirchlichen Kita-Träger Alt-Hamburg. „Wir nehmen alle auf“, sagt Leiter Hansjörg Möller. Zwar nicht in Eppendorf, aber sonst fast in der ganzen Stadt. Man habe seit 2003 insgesamt 350 Krippenplätze ausgebaut und „massiv investiert“.