: Gericht verhindert Abschiebung
Usbekischer Flüchtling darf nicht von Russland in seine Heimat ausgewiesen werden. Dort droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe aufgrund gefälschter Anschuldigungen
BERLIN taz ■ Der Usbeke Jaschin Djuraev darf nicht von Russland nach Usbekistan abgeschoben werden. Das hat gestern ein Moskauer Gericht in einer Berufungsverhandlung entschieden. „Wir freuen uns sehr über diese Entscheidung“, kommentiert Elena Rjabinina von der Menschenrechtsorganisation „Memorial“ die Entscheidung. „Wir werden jetzt sofort zur Abschiebehaft fahren, um Jaschin Djuraev abzuholen.“
Ende 2005 war der 40-jährige nach Russland geflohen, weil er die Drangsalierungen durch die usbekischen Behörden und Geheimdienste nicht mehr ertragen konnte. Diese werfen ihm vor, der muslimischen Bewegung „Tabligi Dschamaat“ anzugehören. Mitglieder dieser Bewegung lehnen aus Prinzip jegliche Einmischung in die Politik und politisches Engagement ab. Wenig später stellten die usbekischen Behörden ein Auslieferungsersuchen an Russland. Anfang 2007 kam Djuraev in Abschiebehaft. Sofort schaltete sich „Memorial“ ein und kümmerte sich um einen Rechtsbeistand für den Usbeken. Am 30. August 2007 entschied die russische Generalstaatsanwaltschaft, Djuraev nicht auszuliefern, doch nur wenige Stunden später verfügte ein Moskauer Gericht die Abschiebung aus administrativen Gründen. Daraufhin ging die Anwältin Marina Morosowa in Berufung und rief den Europäischen Menschengerichtshof in Straßburg an.
Dieser entschied am 4. September, dass die Abschiebung von Djuraev ausgesetzt werden müsse. Doch eine derartige Entscheidung schützt nicht in jedem Fall vor Abschiebung. Am 24. Oktober 2006 war der Usbeke Rustam Muminov den usbekischen Behörden übergeben worden, obwohl die Entscheidung über eine Abschiebung aus verwaltungstechnischen Gründen noch keine Rechtskraft erlangt hatte, gegen die Entscheidung eine Berufungsklage eingelegt worden war und der Europäische Menschengerichtshof damals ebenfalls die Abschiebung verboten hatte.
Angaben von Memorial zufolge wurde Rustam Muminov im Januar 2007 in Usbekistan aufgrund von gefälschten Anschuldigungen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Bei „Memorial“ ist man angesichts des Urteils im Fall von Jaschin Djuraev erleichtert. Bei einer Abschiebung, so Elena Rjabinina, die bei „Memorial“ für Flüchtlingsfragen zuständig ist, hätte ihn eine Verurteilung zu einer mehrjährigen Haftstrafe aufgrund von fabrizierten Vorwürfen erwartet.
BERNHARD CLASEN