IM LUFTLEEREN RAUM
: Waterloo

„Hauen wir langsam ab?“, fragt der Freund

„Wo ist denn hier das Watergate?“ Immer wieder werden wir mit dieser Frage behelligt, während die Pfennigabsätze der Vorbeieilenden heranklackern wie lauter werdende Beats. Das Kopfsteinpflaster unter den Arkaden der Oberbaumbrücke hält den Nadelstichen stand. Ein Wunder, dass die Absätze sich dabei keine komplizierte Fraktur zuziehen.

Wir stellen uns hier unter, ein Freund und ich. Zum Biertrinken. Freitagabend, es regnet. Genau zwischen Universalgebäude und O2-Welt stehen wir, dennoch oder deshalb im luftleeren Raum. Der Freund wischt die Tropfen von der Brille und sucht einen Schuldigen für Wetter und wachsenden Bauchansatz. Da ließe sich was konstruieren. Wie wär’s mit den Fragestellern und Fragestellerinnen? Im Fünfminutentakt werden wir Opfer der Dauerschleife: „Wo ist hier das Watergate?“ Vorbeiziehende Wolken hochdosierter Kosmetika geben dem Bier einen seifigen Beigeschmack. „Komm, lass uns abhauen“, sagt der Freund. „Warte, noch austrinken“, sage ich. Schon kommt die Nächste: „Wisst ihr, wo das Watergate …“ – Wir wissen es einfach nicht. Genau genommen ist es uns egal. Wir sind nur zum Biertrinken hier. „Muss ein übler Ort sein, dieses Watergate“, sagt der Freund.

In der Tat, es streifen junge menschliche Hüllen vorbei. Dazwischen pendeln die ebenso jungen, alternativen Gegenentwürfe. Man erkennt sie an einem Bändchen, das sie ums Handgelenk tragen. Das verstehen wir noch. Ansonsten hat die Jugend uns abgehängt. „Hauen wir langsam ab?“, fragt der Freund. „Warte noch“, sage ich. Ein Mann und sein 10-Watt-Verstärker versuchen sich an Europe und Santana. „Vielleicht hast du recht.“ Viele Fragen, wenige Antworten, wenig Verständnis. Von uns. Für uns. Das sollte man mal erörtern. Vielleicht in einem Romanprojekt „Berlin, Brücke“? Erst einmal aber sollte ich herausfinden, wie man zu diesem bescheuerten Watergate kommt. JENS UTHOFF