: Die Vorhut von Starbucks
USA/KUBA Präsident Obamas Wiederannäherung an Kuba erfährt in den USA viel Unterstützung. Jetzt besucht eine hochrangige US-Delegation Havanna
AUS NEW YORK DOROTHEA HAHN
Wer Kuba noch einmal vor der Ankunft von McDonald’s, Starbucks und Pizza Hut erleben will, muss sich beeilen. Die Annäherung mit dem großen Nachbarn geht plötzlich schnell voran.
Nachdem die USA in der vergangenen Woche eine Serie von Reise- und Handelserleichterungen verkündet haben, ist in dieser Woche eine hochrangige Delegation aus Washington in Havanna. Hauptthema der zweitägigen Gespräche ist die Wiedereröffnung der Botschaften sowie die Handlungsfreiheit für künftige Diplomaten. In den letzten Jahren standen sowohl die „Interessenvertreter“ der USA in Havanna als auch jene von Kuba in Washington de facto unter Stadtarrest. Sie durften die Hauptstadt nur mit Genehmigung der jeweiligen Regierung verlassen.
Kurz vor Auftakt der Gespräche bekam Präsident Barack Obama für seinen Kurs der Annäherung am Montag ein Unterstützungsschreiben von 78 Prominenten aus Politik, Geschäftswelt und Universitäten. Die Unterzeichner – darunter eine Mehrheit von Demokraten, aber auch Ronald Reagans Arbeitsminister George Shultz sowie US-kubanische Geschäftsleute – loben den US-Präsidenten für seinen „Mut“ und für sein Vorgehen „im nationalen Interesse“.
Die Motive der Unterzeichner driften weit auseinander. Viele wollen mit einer neuen Kuba-Politik zugleich die Isolierung der USA in Lateinamerika beenden. Die US-kubanischen Unterzeichner, darunter der Zucker-Tycoon Alfonso Fanjul, haben wirtschaftliche Interessen.
Gerade Letztere zeigen, dass es Obama gelungen ist, mit seiner 180-Grad-Wende einen Keil in die kubanische Diaspora zu treiben. Mehrere Vertreter der alten Kuba-Lobby in Florida, die seit Jahrzehnten den Ton in der US-Kuba-Politik angegeben hat, wüten jetzt gegen Fanjuls „Verrat“. Der republikanische Abgeordnete Mario Diaz-Balart spricht von „kurzfristigem Profitinteresse“. Seine Kollegin Ileana Ros-Lehtinen nennt es „erbärmlich“, dass Fanjul dabei helfe, „den kommunistischen Gangstern in Kuba mehr Geld für die Repression“ zu verschaffen.
Die große Öffentlichkeit nimmt Obamas neue Kuba-Politik positiv auf. Eine Pew-Umfrage aus diesem Monat zeigt, dass 63 Prozent eine Intensivierung der Beziehungen zu Kuba wünschen. Nur 28 Prozent sind dagegen. 66 Prozent wünschen eine Aufhebung des Embargos.
Die US-Delegation in Havanna unter Führung von Roberta Jacobson, die im US-Außenministerium für die westliche Hemisphäre zuständig ist, will erreichen, dass US-Diplomaten sich unkontrolliert in Kuba bewegen können und dass Kubaner freien Zugang zur US-Botschaft bekommen. Zugleich will die US-Regierung auch über Abschiebungen und Auslieferungen reden. Washington möchte die Auslieferung der politischen Flüchtlinge aus den USA, die in Kuba Asyl genießen. Darunter die in den USA gesuchte ehemalige Black-Panther-Aktivistin Assata Shakur. Außerdem suchen die USA nach Möglichkeiten, Kubaner, die wegen Straftaten in den USA verurteilt worden sind, abzuschieben. Theoretisch könnte das bis zu 34.000 Kubaner betreffen. Viele von ihnen haben ihre Strafen längst abgesessen, konnten aber – anders als fast alle anderen straffällig gewordenen Ausländer – anschließend nicht abgeschoben werden.
Die geschäftliche Annäherung läuft als Erstes. US-Bürger und Unternehmen dürfen künftig elektronische Geräte wie Handys und Computer ohne Genehmigung der US-Regierung schicken. Privatleute dürfen ab sofort mehr Geld (2.000 Dollar pro Vierteljahr) überweisen. Und US-Unternehmen dürfen Geschäfte und landwirtschaftliche Betriebe „unterstützen“.