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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Wir hören uns das Gelaber nicht mehr an

■ betr.: „Wir Bürger spinnen!“, taz vom 29. 9. 11

Liebe Leute von der Redaktion, echt, wir spinnen! Bin fast vom Hocker gefallen, als ich las, was uns eine Minute Günter Jauch kostet! Und sehr viel billiger dürften die anderen auch nicht sein. Wenn meine Freundin Bettina etwa 4.500 Euro für eine zwanzigminütige Radiosendung mit O-Ton aus Somalia oder Kiwu bekäme, wäre sie mehr als zufrieden!

Aber die in dem Beitrag genannten Vorschläge von Bernd Höcker gegen die GEZ-Abzockerei sind mir zu aufwendig und mühselig. Ich habe da eine bessere Idee: Streik. Wir gucken und hören uns das Gelaber nicht mehr an. Wir fangen mit Günter Jauch an; rufen die Nation auf, am kommenden Sonntag (oder am folgenden) den Kasten nicht anzuschalten, oder wenn es unmöglich sein sollte, aufs Fernsehen am Sonntagabend zu verzichten, dann halt den Krimi auf dem Zweiten zu gucken. Und das halten wir durch, bis sie zumindest die neue Gebührenregelung kippen. Noch besser wäre es natürlich, wenn sie den Talk-Show-Schwachsinn auf eine Sendung pro Woche reduzierten und stattdessen politische Kabarettsendungen ausstrahlten wie die mit Georg Schramm letzten Sonntagabend bei 3sat. In diesem Sinn und mit herzlichen Grüßen EVA-MARIA BRUCHHAUS, Köln

Durchtrieben

■ betr.: „Unterm Schirm“, taz vom 29. 9. 11

Schon alleine die Wortwahl „Griechenland retten“ dient dazu, den Bürgern Sand in die Augen zu streuen und einen anderen Sündenbock als den von Politikern entfesselten Finanzkapitalismus präsentieren zu können. Es geht vor allem darum, die Zukunft der Banken selbst zu retten, damit der Finanzkapitalismus weiter ungebremst herrschen und zocken kann und Finanzrenditen möglich bleiben, die weit über denen der arbeitenden Realwirtschaft liegen. Nahezu durchtrieben wird das Zusammenspiel, wenn man die Bankenrettung 2008 im Zusammenhang mit der heutigen Krise stellt: Damals wurden mit Hunderten (!) Milliarden von Steuergeldern Banken und andere Finanzinstitute gerettet, die nicht willens waren, ihre eigene Verantwortung anzunehmen. Nachdem diese Banken „gerettet“ wurden, wetten derzeit die Geretteten auf den Untergang ihrer eigenen Retter. KURT LENNARTZ, Aachen

Kapitaldiktatur

■ betr.: „Unterm Schirm“, taz vom 29. 9. 11

Warum sagen die Regierungen den Bürgern Europas nicht die Wahrheit? Die Kapitalmärkte haben stets und immer gegen Staatsanleihen schwacher Staaten gewettet und damit Milliarden erwirtschaftet. Nun, wo Griechenland am Rande des Bankrotts steht, verkaufen die Banken ihre möglichen Verluste an die EZB und schöpfen so weitere Gewinne ab. In Europa herrschen die Banken und nicht die Politiker, die von ihnen vor sich hergetrieben werden! Alle Finanzinstitute sozialisieren nun ihre Schulden auf Kosten der Europäischen Bürger. Wer hier von einer Demokratie spricht, hat das Wort Demokratie nie verstanden. Wir leben in einer Kapitalistischen Diktatur! Wann endlich tragen die die Schulden von Staatspleiten, die sie verursacht haben? Wenn ihr in Europa so weitermacht, dann müsst ihr die Taliban nicht mehr fürchten, sondern eure eigenen Bürger! ROLF HELFERS, Stuttgart

Eine Karte, die bestimmt viel kann

■ betr.: „Irgendwann soll sie alles können“, taz vom 29. 9. 11

Wenn die Rede von den elektronischen Gesundheitskarten (eGK) ist, höre und lese ich seit Tagen, dass das Neue daran sei, dass sich ein Foto des Versicherten darauf befinden soll, um Missbrauch vorzubeugen. Dazu kann ich nur sagen: Das ist ganz sicher nicht neu. Ich bin bei der AOK versichert und auf meiner Versichertenkarte ist schon lange ein Foto von mir. Deshalb ist das einzig wirklich Neue an den eGKs, dass sich darauf ein „Mikroprozessor“ befindet, der ganz bestimmt ganz viel kann und – wenn man sämtliche datenschutzrechtlichen Bedenken aus- und naiven Fortschrittsglauben dazuschaltet – ganz bestimmt ganz toll ist. DAVID LÖH, Fellbach

Landnahme ist das Kernproblem

■ betr.: „Wie man keinen Staat macht“, taz vom 27. 9. 11

Die Ausweitung der Siedlungstätigkeit ist nicht nur nicht passend, sondern die fortgesetzte Landnahme und Beschlagnahmung von Boden und Häusern ist das Kernproblem. Dass dagegen nicht auch noch der Verzicht der Palästinenser auf das von der UNO verbriefte Rückkehrrecht zielführend ist, muss eigentlich jedem klar sein, vor allem wenn man bedenkt, dass das israelische Rückkehrgesetz von 1950 es allen Juden der Welt erlaubt, automatisch Bürger des Staates Israel zu werden und Land zu kaufen und zu besitzen. Aber Palästinenser, die vor gut 60 Jahren vertrieben wurden oder geflüchtet sind, sollen auf ihre Rechte verzichten. So macht man auch keinen Staat.

MANUELA KUNKEL, Stuttgart