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Archiv-Artikel

„Das schneidet Vielfalt ab“

VORTRAG Ein Theologe warnt vor einer weiteren Theologisierung des Religionsunterrichts

Von BES
Bernhard Dressler

■ 67, Professor em. für praktische Theologie und Religionspädagogik an der Philipps-Uni Marburg, Dissertation über Marxismus in China.

taz: Herr Dressler, was verstehen Sie unter dem falschen Gebrauch von Theologie?

Bernhard Dressler: Unter falschem Gebrauch von Theologie verstehe ich, wenn im Rahmen des Religionsunterrichts ein wissenschaftlicher Expertendiskurs auf Kinder projiziert und diese dadurch vereinnahmt werden – für ein Konzept der Kindertheologie. Dagegen wende ich mich. Selbst den Begriff lehne ich ab.

Ist Theologie denn so schlimm?

Ganz sicher nicht, ich bin doch selbst Theologe. Es geht mir auch nicht darum, das Nachdenken über Religion einzudämmen oder zu verhindern. Aber, Sie dürfen nicht übersehen, dass Theologie, im Gegensatz zu Religion, nur vom Standpunkt einer glaubenspraktischen Festlegung zu haben ist: Religionsunterricht muss aus meiner Sicht der ganz freien und nicht theologisch-normierten Vorstellungswelt der Kinder Raum zur Entfaltung geben.

Kann das nicht auch Theologie sein?

Ich bestreite nicht, dass es kindliche Theologie gibt und diese auch einen Platz im Religionsunterricht hätte. Aber es gibt ja eben auch andere Weisen kritisch über Religion nachzudenken, aus religionswissenschaftlicher Distanz, religionsphilosophisch oder -soziologisch. Das Problem ist, dass bereits das Wort Kindertheologie einengt. Das schneidet diese Vielfalt ab: Theologie ist immer konfessionell.

Das heißt, Sie plädieren eher für das Bremer Modell einer Religionskunde?

Ich finde nicht, dass man Kinder davor bewahren muss, gelebtem Glauben im Religionsunterricht zu begegnen. Wichtiger scheint mir aber, dass der sich auf Offenheit verpflichtet: Guter Religionsunterricht hat auch dann sein Ziel erreicht, wenn sich die Schüler am Ende urteilsfähig gegen Religion entscheiden. INTERVIEW: BES

22. 1., 18.15 Uhr, Haus der Wissenschaft, Kleiner Saal