: OFF-KINO
LARS PENNING
Mit Alexander Kordas farbenprächtiger Produktion aus den 1940er Jahren hat Raoul Walshs epochaler Kostümfilm „Der Dieb von Bagdad“ (1924) lediglich den Namen und den Sinn für Schauwerte gemein: Während Korda zauberische 1001-Nacht-Fantasy produzierte, geht es bei Walsh um handfestes Abenteuer. Kein Wunder, denn der Star des Stummfilms ist der unnachahmliche Douglas Fairbanks, der hier in der Rolle des tollkühnen Diebs, der sich ein wenig sehr dreist um die Hand einer schönen Prinzessin bewirbt, sein Feuerwerk aus Draufgänger-Charme, fantasievollen Flunkereien und Stunt-Einlagen abbrennt. Den Hintergrund für seine Abenteuer liefern die beeindruckenden Bauten des Production Designers William Cameron Menzies. Peer Kleinschmidt begleitet den Film musikalisch an der Welte-Kinoorgel (24. 1., Filmmuseum Potsdam).
Bereits im Jahr 1919 machte sich Ernst Lubitsch in seiner Groteske „Meyer aus Berlin“ über den Alpentourismus lustig: Sein von ihm selbst verkörperter Held Sally Meyer, ein ziemlich impertinenter, doch dank Schlagfertigkeit nicht unsympathischer Frauenheld möchte seiner Gattin für eine Weile entrinnen und lässt sich vom Arzt einen Aufenthalt in den Alpen verordnen. Als der vom Bergsteigen völlig unbeleckte Sally, der den Watzmann für einen Herrn aus Berlin hält, mit Lederhose, Trachtenjacke und Seil von Schöneberg aus loszieht, verursacht er sofort einen Menschenauflauf und wird gefragt, ob er zum Maskenball wolle. Doch der Gag ist: Im Touristenhotel sehen die anderen Gäste später ganz genauso aus. Schon in dieser frühen Komödie lässt sich der berühmte Lubitsch-Touch ausmachen: geistreiche Dialoge, das Spiel mit der Erwartung des Zuschauers sowie die Fähigkeit des Regisseurs, Situationen eher anzudeuten als auszuspielen. Beim Stummfilm um Mitternacht (24./25. 1.) ist Anna Vavilkina an der Orgel zu hören (25. 1., Babylon Mitte).
Ganz ohne Orgel kommt David Cronenberg in seinem genialen Frühwerk „Shivers“ (1975) aus. Gekonnt spielt der kanadische Regisseur in seinem Low-Budget-Schmuddel-Horrorfilm mit den Urängsten des Menschen vor der Verwundbarkeit des Körpers durch schleimige kleine Würmer, die bei einem Experiment außer Kontrolle geraten, mit dem ein Wissenschaftler die sexuelle Lust steigern will. Die Bewohner eines Luxus-Wohnkomplexes geraten in eine unkontrollierbare erotische Raserei – und verbreiten die Parasiten immer weiter. Die lauern schließlich überall: in der Waschmaschine, in der Kehle der Freundin und im Abfluss der Badewanne. Oder sie platschen alten Damen auf den Regenschirm: „Oh, the birdies!“ Ein absolut apokalyptisches Werk (OF, 23. 1., Eiszeit 1).