Landeskindermodell vor Gericht

Drei Studierende aus Niedersachsen verklagen die Universität, weil sie wegen ihres auswärtigen Wohnsitzes Studiengebühren bezahlen sollen. Das Land verteidigt die Ungleichbehandlung

von Christian Jakob

Zweite Runde im Rechtsstreit um das Bremer Studienkontenmodell: Heute verhandelt das Verwaltungsgericht Bremen die Klage von drei niedersächsischen Studierenden. Diese hatten im Juni 2006 dagegen geklagt, dass sie wegen ihres außerhalb Bremens gelegenen Wohnsitzes 500 Euro Studiengebühren pro Semester zahlen sollten. Im August 2006 gewährte ihnen das Gericht einstweiligen Rechtsschutz: Bis zu einem endgültigen Urteil brauchen sie nicht zu zahlen.

Der Gerichtsbeschluss bezog sich zwar nur auf die drei Klagenden, dennoch setzte die Universität freiwillig die Eintreibung der Studiengebühren bei allen Studierenden ohne bremischen Wohnsitz aus. Etwa 1.500 Studierenden mit Meldeadresse in anderen Bundesländern wurden so die Gebühren für die beiden vergangenen sowie das kommende Semester gestundet. Die Kläger hatten argumentiert, dass die Gebühr als finanzielles Druckmittel dienen solle, um auswärtige Studierende dazu zu bewegen, ihren Wohnsitz nach Bremen zu verlegen.

Die Universität entgegnete, die Regelung greife nicht in die grundgesetzlich garantierte freie Wahl der Wohn- und Ausbildungsstätte ein und sei durch „vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt“. Gemeint war: Für jeden Studierenden, der sich in Bremen meldet, erhält das Land 3.000 Euro aus dem Länderfinanzausgleich. Studierende, die nicht auf diese Weise ihren Beitrag zur Hochschulfinanzierung leisten, müssten diesen selbst aufbringen.

In der Eilentscheidung aus 2006 hatte das Gericht „fehlende Sachnähe“ bemängelt: Die Inanspruchnahme der Bremer Hochschulen durch die auswärtigen Studierenden habe nichts mit den Geldern zu tun, die das Land durch NeubürgerInnen aus dem Länderfinanzausgleich beziehe, die Gebührenregelung sei daher zweifelhaft. Dies hat sich in der Zwischenzeit geändert: Im März verabschiedete die Bürgerschaft eine Neufassung des bremischen Hochschulgesetzes. Nun bekommt die Universität für jeden hier gemeldeten Studierenden automatisch 500 Euro pro Semester aus dem Landeshaushalt. „Das Land versucht damit zu rechtfertigen, warum die auswärtigen Studenten die 500 Euro selbst erbringen müssen. Der Uni wird genau das Geld zugesprochen, das vorher gekürzt wurde“, sagt dazu der Vorsitzende des Astas der Universität, Michael Markus. „Bremen ist in der Vergangenheit mehrfach mit dem Versuch gescheitert, seine Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich zu erhöhen. Es ist nicht einsichtig, warum die auswärtigen Studierenden nun herangezogen werden sollen, dies aufzufangen.“ Die Universität ist sich ihrer Position sicher. „Wir werden uns die Begründung des Gerichtes natürlich genau ansehen. Im Zweifelsfall ist es aber sehr gut möglich, dass wir den Instanzenweg beschreiten“, sagt Uni-Sprecher Eberhard Scholz.

Das Bremer Urteil dürfte bundesweite Beachtung finden. In Berlin und Rheinland-Pfalz sind Landeskinder-Modelle für Studiengebühren derzeit in Planung. Auch der Hamburger Senat hatte Studierende mit Wohnsitz in der „Metropolregion“ der Hansestadt von der Gebührenpflicht befreit. Ein Gericht erklärte dies jedoch für unzulässig, weil das Land durch Studierende, die in der „Metropolregion“, aber nicht in Hamburg selbst leben, keine zusätzlichen Mittel aus dem Länderfinanzausgleich erhalte. Zudem sah das Gericht einen Verstoß gegen den verfassungsmäßigen Grundsatz der staatsbürgerlichen Gleichstellung aller Deutschen. Daraufhin führte das Land allgemeine Studiengebühren für alle Studierenden ein. In Bremen wäre dies kaum denkbar: SPD und Grüne haben sich im Koalitionsvertrag ausdrücklich zu einem gebührenfreien Erststudium bekannt.