: Das unverhoffte Sehnsuchtsland
MIGRATION Deutschland zieht immer mehr Einwanderer an – vor allem aus EU-Ländern. Ein Einwanderungsgesetz lehnt Innenminister de Maizière aber gerade deshalb ab
VON DANIEL BAX
BERLIN taz | Die Zahl der Menschen, die nach Deutschland gezogen sind, ist so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr. Und: Die meisten Einwanderer stammen heute aus Osteuropa. Das sind die zentralen Ergebnisse des offiziellen Migrationsberichts der Bundesregierung, den Innenminister de Maizière (CDU) am Mittwoch in Berlin vorstellte.
Der Einwanderungsboom ist vor allem ein Effekt der EU-Freizügigkeit: Zwei Drittel aller Neuzuwanderer kamen 2013 aus Ländern der Europäischen Union (EU) nach Deutschland – vor allem aus Polen, Rumänien und Bulgarien, aber auch aus südeuropäischen Krisenländern wie Griechenland und Spanien. Hinzukamen deutlich mehr Asylbewerber als im Vorjahr, mehr Studierende aus dem Ausland sowie mehr Menschen, die die Möglichkeit zum Familiennachzug zu ihren Angehörigen nach Deutschland nutzten.
Der Zuzug von Fachkräften aus Staaten außerhalb der EU dagegen stagniert, obwohl die Möglichkeiten dazu ausgebaut worden sind. Der Forderung nach einem Einwanderungsgesetz, wie es in der Großen Koalition derzeit diskutiert wird, erteilte der Innenminister jedoch eine Absage. CDU-Generalsekretär Peter Tauber hatte ein solches Gesetz ins Gespräch gebracht, sich in der Union damit allerdings schnell eine blutige Nase geholt.
Die SPD hingegen griff Taubers Vorstoß freudig auf und will bis Ende Februar sogar einen Entwurf vorlegen. „Wir brauchen in Zukunft Jahr für Jahr Hunderttausende Einwanderer“, erklärte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Außerdem könne es ein Signal sein, um dem „Unbehagen gegen Zuwanderung“ in Teilen der Bevölkerung entgegenzuwirken. Auch die Grünen sind für ein Einwanderungsgesetz, und sogar die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) – die würde es allerdings eher restriktiv gestalten.
De Maizière hält es hingegen für überflüssig. Die bestehenden Regelungen hätten zwar „keinen Staatspreis für Übersichtlichkeit“ verdient, gab der Minister zu. Sie reichten aber völlig aus und müssten nur stärker genutzt werden. Deutlich mehr Zuwanderung „würde die Bevölkerung überfordern und nicht funktionieren“, gab er zu bedenken. „Eine Einwanderung, die nicht auf Zustimmung der großen Mehrheit trifft, wird scheitern“, sagte er voraus. Und es mache für viele einen Unterschied, ob es sich bei dem Einwanderer um „einen Diplomingenieur aus Kanada oder einen Analphabeten aus dem Sudan“ handele, so der Minister.
Das gelte auch für die Haltung zum Asylrecht. Je mehr eine politische Verfolgung erkennbar sei, desto höher sei die Aufnahmebereitschaft, sagte er. „Armut ist kein Asylgrund“, betonte er.
Doch nicht nur die SPD spricht sich für mehr Zuwanderung aus. „Besonders bei den Fachkräften und Hochqualifizierten müssen wir uns verstärkt um weiteren Zuwachs bemühen“, heißt es auch aus der CSU. De Maizière appellierte an die Arbeitgeber, sich stärker um die Anwerbung von Fachkräften zu kümmern. „Nur zu“, spornte sie der Innenminister an.